Schöne Geschichten flattern bei uns Journalisten meist nicht auf den Schreibtisch. Sie passieren da draußen. Und an einem Abend in der Vorweihnachtszeit, da fand ich eine Geschichte direkt vor meiner Haustür. Sie handelt von Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft. Sie zeigt, wie wir miteinander umgehen können, wenn wir nur mit offenen Augen und Herzen durch diese Welt gehen.
Es ist schon dunkel an diesem Abend, es schneit und es ist kalt. Der Hermes-Fahrer Dyro M. liefert seine Pakete in Oberbrügge aus, sein Wagen ist noch voll beladen. Doch plötzlich, am Ende der Sackgasse, bleibt sein Fahrzeug liegen. Weiterfahren unmöglich. Und dann fährt ein weiterer Transporter vor. Es ist Evgeni Schreider von DHL-Express. Er kennt Dyro M. vom Sehen; sie fahren die gleiche Tour und grüßen sich, wenn sich ihre Wege kreuzen.
„Ich habe gesehen, dass sein Fahrzeug kaputt war und habe ihn gefragt, ob er Hilfe braucht“, erzählt der Lüdenscheider. Dann liefert er schnell seine restlichen Pakete aus, bringt seinen Scanner zu einem Kollegen und kommt zurück. Die beiden Männer kontaktieren einen Abschleppdienst, dem die verschneite Straße im Wohngebiet aber zu eng ist. Auch der zweite und der dritte Versuch scheitern. Niemand möchte das defekte Fahrzeug abschleppen. Das bringt Dyro M. aus Brenscheid (Nachrodt-Wiblingwerde) gleich in mehrere Nöte: Alle Pakete müssen noch am selben Abend ausgeliefert werden. Sein Auto, dessen Reparatur auf eigene Kosten erfolgen muss, steckt mitten auf der Straße fest, blockiert die Zufahrten zweier Häuser und scheinbar niemand kann ihm helfen.
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Doch der Lüdenscheider Evgeni Schreider fasst sich ein Herz und legt sich unter das Auto: Schnell steht fest, dass das Traggelenk kaputt ist; er bestellt kurzerhand ein neues. Doch da sind ja noch die ganzen Pakete. Gemeinsam räumen die beiden Männer diese aus dem Hermes-Wagen in sein DHL-Auto. Ich bringe ihnen einen heißen Kaffee, Kekse und Schokolade zur Stärkung (und für die Nerven). Dann fahren die beiden gemeinsam los. Statt in den wohlverdienten Feierabend zu fahren, kämpft sich Schreider für die Extratour erneut durch die verschneiten Straßen.
Bis spät in die Nacht bringen sie die Päckchen also an ihre Bestimmungsorte. „Die Menschen warten schließlich darauf. Vielleicht sind es Weihnachtsgeschenke“, sagt Schreider. Er ist der Fahrer und Dyro M. liefert aus. So sind sie schneller, sagt er. Sie sind ein gutes Team an diesem Abend und als sie zu dem inzwischen eingeschneiten Transporter zurückkommen, hat sich noch immer kein Abschleppdienst bereit erklärt, hierher zu kommen. Bis zwei Uhr nachts warten sie ab, ob nicht doch noch jemand kommt. Vergebens.
Für Evgeni Schreider ist der Fall mit dem Ausliefern der Päckchen aber keinesfalls erledigt. Am nächsten Tag holt er nach Feierabend das neue und bestellte Traggelenk ab und organisiert Werkzeug von Zuhause. Wieder legt er sich bei eisiger Kälte unter das Fahrzeug und repariert es. Der Wagen von Dyro M. läuft wieder. Als Paketbote ist sein Wagen von existenzieller Bedeutung und die Erleichterung entsprechend groß. Dieses Aufeinandertreffen in der Vorweihnachtszeit werden beide wohl so schnell nicht vergessen.
Mit Evgeni Schreider hatte Dyro M. an diesem Abend einen Retter gefunden, der einfach für ihn da war. Selbstlos und mit großem Herzen.
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