Sogar Matrazen wurden durch ein Fenster entgegengenommen. Insgesamt zehn Helfer, darunter auch drei Frauen und ein Mann aus der Ukraine, sortierten die Sachen, die dann zunächst eingelagert wurden. Helmut Willnat, der offiziell Schriftführer des vor genau 25 Jahren gegründeten Vereins ist, wirkte sehr zufrieden. Der Lagerraum des Domizils an der Volmestraße wurde nicht nur wieder aufgefüllt, vieles passte schon nicht mehr hinein.
Damit ist der erste Teil der Spendenaktion erfolgreich abgeschlossen worden, der zweite Teil ist komplexer: Die Sachen müssen die Bedürftigen in der Ukraine erreichen. Dazu arbeitet der Verein seit langer Zeit eng mit Partnern zusammen. Der Transport in die betroffenen Gebiete wird vom Marienheider Missionswerk „Friedensstimme“ absolviert: „Mit dem Missionswerk arbeiten wir sehr gut zusammen. Wir bezahlen die Fahrt wie eine reguläre Spedition, und dort hat man sehr viel Erfahrung mit der Abwicklung von Hilfsgüterlieferungen“, erklärt Helmut Willnat.

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Obgleich die Transporte durch ukrainische Gebiete führen, die immer noch als sicher gelten, lauern bei solchen Fahren Tücken. Die können mitunter bürokratischer Natur sein: So ist auch die Zollabwicklung ein heikler Punkt, bei dem der Verein „Kinder von Tschernobyl“ auf die Geschicke der Marienheider Partner setzt. Schließlich würden die mit ihrem LKW regelmäßig derartige Touren absolvieren.
Wohin der mit zwei Containern zu beladende LKW diesmal fährt, steht noch nicht ganz sicher fest. Angedacht ist, die bis zu 93 Kubikmeter umfassende Lieferung nach Bila Zerkva zu bringen. Eine Kirchengemeinde in der rund 80 Kilometer von Kiev entfernt gelegenen Kreisstadt ist ebenfalls Partner des Kiersper Vereins. Von der evangelischen Gemeinde werden dann die Hilfsgüter in rund 600 bis 700 Kilometer entfernte Orte gebracht, die vom Krieg unmittelbar betroffen sind. Diese Fahrten in östlicher Richtung werden von der Gemeinde selbst organisiert.

In Kierspe ist man froh, in einem gut eingespielten Netzwerk agieren zu können, denn die Strapazen solcher Reisen sind den Mitgliedern durchaus geläufig: „Vor der Pandemie sind wir regelmäßig mit dem Pkw in die Ukraine gefahren, normalerweise zweimal im Jahr“, erzählt Helmut Willnat. Das würde man gerne auch so schnell wie möglich wieder machen, um dort schwerkranke Kinder mit Medikamenten zu versorgen.
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Antizyklisches Spendenverhalten
Die Erfahrungen, die der wohltätige Verein mit den Hilfsgütern macht, decken sich teils mit denen anderer Gruppierungen, sind mitunter aber auch gegensätzlich. Auch hier hat man mit dem antizyklischen Spendenverhalten der Menschen zu tun, da diese besonders gerne beim saisonalen Aufräumen des Kleiderschranks spenden würden. Im Klartext: Wenn der Winter vor der Tür steht, wird Sommerkleidung ausgemustert. Das bringt für die Organisationen gleich zwei Probleme mit: Erstens bekommt man nicht die unmittelbar benötigten Sachen, zum anderen wird Lagerfläche blockiert.

Hinsichtlich der Qualität der Hilfsgüter und auch der Wertschätzung durch die Empfänger spricht Willnat aber aber von durchweg positiven Erfahrungen: „Wir können rund 95 Prozent der Sachen gut verwenden.“ Manchmal scheitert es nur an Kleinigkeiten, weil Gegenstände zu verschmutzt oder an eigentlich sehr guten Schuhen die Schnürsenkel gerissen sind. Das wäre im Grunde leicht zu beheben, ist aber in der Masse durch die Helfer schlicht nicht zu leisten. Insgesamt sei die Qualität oft „besser als Second hand“, berichtet der Kiersper. Und der Dank der Bedürftigen groß, solche Sachen gratis zu bekommen.
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Diese Erfahrungen sind es wohl, die Menschen zu ihren wohltätigen Aktivitäten motivieren. Die nach Aussage von Helmut Willnat nicht immer so zeitintensiv ist, wie man denkt: Oft nur wenige Stunden pro Woche, bei großen Aktionen oder Fahrten natürlich auch mal wesentlich mehr. Insgesamt sei die Vereinsarbeit aber wie ein Hobby, in das viel Zeit und Geld fließe: „Das macht man nicht, wenn man keine Freude daran hat.“ Bisweilen kommt auch richtiger Spaß auf, nämlich sobald wieder richtig skurrile Gegenstände auf dem Sortiertisch landen. Brautkleider wurden schon gespendet, auch knallrote Pumps waren schon dabei, und immer wieder Wäsche im „Liebestöter“-Stil. In Erinnerung ist den Helferinnen und Helfern eine übergroße, gestrickte Unterhose geblieben. Die wurde zugleich mal „probegetragen“, natürlich über der Jeans. Dieser „Schlüpfer“ hatte es tatsächlich bis ans Ziel geschafft, wovon sich eine Helferin selbst überzeugen konnte, als sie das auffällige Exemplar vor Ort wiederentdeckte.
Nun muss geplant werden, wann die Fahrer der Friedensstimme die dreitägige Fahrt in die Ukraine antreten werden. Hierzu müssen noch Details organisiert werden. Bis dahin ist das Lager erstmal gut gefüllt.
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