Der Anlass für die umfangreiche Berichterstattung war mein eigener Artikel. Es ging um Lkw-Fahrer, die sich im Lennetal aufgrund fehlender Beschilderungen und Sperrungen einfach nicht mehr zurecht fanden. Keine besondere Geschichte, aber eine, die offensichtlich viele interessiert.
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Die Geschichte wurde in den sozialen Netzwerken geteilt und schnell griffen die üblichen Mechanismen. Ein Kommentar folgte auf den nächsten. Es wurde verallgemeinert, verkürzt, vereinfacht, verfälscht. Mehr als die Hälfte kommentierte scheinbar, ohne irgendeine Zeile des eigentlichen Textes gelesen zu haben. Wir reden hier wahrlich nicht von Hasskommentaren, jedoch durchaus von Kommentaren mit Ansätzen zur Schmähkritik. Dennoch, waren das die Momente, in denen es in den Fingern gejuckt hat. Ein paar kleine Beispiele:
- „Die Lkw-Fahrer ignorieren die Schilder.“ Hm, eigentlich ging es in meiner Geschichte genau darum, dass es eben keine Schilder gibt.
- „Früher hatten wir einen Atlas.“ Ja, richtig. Aber da sind wir keinen Zwölftonner gefahren und hatten eine Wüste von gesperrten Straßen. Was bringt der Atlas, wenn man nach wenigen Kilometern vor der nächsten Sperrung steht?
- „Nur aus dem Fenster gucken reicht nicht, Frau Bürgermeisterin.“ Ja, stimmt, aber es geht gerade gar nicht um die Bürgermeisterin.
- „Die Verwaltung lächelt für Fotos, aber eine Brücke bauen sie nicht.“ Ja, das ist korrekt. Dürfen sie auch nicht. Ist nämlich eine Bundesstraße. Ich darf ja auch keine Brücke in Nachbars Garten bauen.
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Ja, sicherlich sind diese Beispiele überspitzt. Und nein, es geht in keiner Form darum, die Bürgermeisterin, die Verwaltung, Straßen.NRW oder Tante Erna von nebenan in Schutz zu nehmen oder die Kommentierenden bloßzustellen. Es geht darum, dass nirgends sonst so viele falsche Tatsachen einfach behauptet werden können ohne Richtigstellung. Im Austausch mit Kollegen, Freunden und Bekannten wurde schnell deutlich, dass es nicht nur mir so geht. Aber was ist richtig? Antworte ich auf falsche Aussagen, gebe ich diesem Personenkreis einen unnötigen Raum. Antworte ich nicht darauf, bin ich es, die wissentlich zulässt, dass falsche Nachrichten verbreitet werden. „Es sind immer nur die selben fünf, sechs Leute, die so negativ sind.“ Ein Satz, den es am Wochenende noch mehr als einmal zu lesen gibt. Aber macht es das weniger schlimm? Was ist, wenn diese fünf, sechs Leute so laut schreien, dass irgendwann alle sagen „ja, stimmt, die müssen ja Recht haben“?
Eigentlich war der Plan, ein paar Beispiele aus den heimischen Facebook-Gruppen zu suchen und dann mal mit bei den angesprochenen Personen nachzuhören, was denn dran ist. Denn nicht selten ist in Kritik zumindest ein wahrer Kern. Bei der Recherche fand ich immer mehr und es betraf immer mehr Menschen. Ein Fokus musste her. Und da in Nachrodt besonders Politik und Verwaltung kritisiert werden, stand der Plan. Gesagt, getan. Bürgermeisterin Birgit Tupat, Ordnungsamtsleiter Sebastian Putz, Ratsherr Aykut Aggül, SPD-Fraktionschef Gerd Schröder und UWG-Parteivorsitzende Sonja Hammerschmidt machten mit. Lediglich von der CDU gab es keinen Rückruf. Es entstanden spannende Gespräche und Interviews.
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Doch beim Abtippen fiel eines auf: Ich hatte mich in der Negativspirale verfangen. Aber Facebook ist gar nicht nur negativ. Nein, im Gegenteil: Ich bin durch die sozialen Medien super vernetzt, finde Hilfe, wenn ich sie brauche, erfahre Neuigkeiten und werde vor Gefahren gewarnt. Zudem ist freie Meinungsäußerung ein hohes demokratisches Gut, für das in der Geschichte des digitalen Raums lange gekämpft wurde. Und so war schnell klar: Ein Text reicht nicht und Social Media allgemein wäre zu umfangreich. Ich konzentriere mich auf Facebook. Dennoch wurden es mehr und mehr Aspekte und so entstand dieses Themen-Wochenende.
Zum heutigen Einstieg geht es erst einmal ganz neutral um die Gründung der Nachrodter Facebook-Gruppe. Wir haben mit der Administratorin Michaela Böhme gesprochen und uns erklären lassen, was die Gruppe auszeichnet und was genau ihre Aufgaben sind.
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Am morgigen Samstag dreht sich alles um die Frage: „Ist Facebook der neue Stammtisch?“ Es geht um Vorwürfe und Hass-Kommentare, falsche Aussagen aufgrund mangelnder Kenntnis und vieles mehr. Zudem gibt es die fünf Interviews, in denen wir mal ganz klar nachgefragt haben, was an den Vorwürfen aus Kommentaren dran ist.
Zum Abschluss am Sonntag stellen wir die Sicht einer Facebook-Nutzerin dar, die gerne viel und durchaus offensiv kommentiert. Zudem erklärt der Gründer eines heimischen Beratungs- und Marketingunternehmens, welche Rolle eine Social-Media- und eine Deeskalationsstrategie spielt. Und eine Nachrodter Therapeutin gibt Tipps, wie Betroffene mit Angriffen im Netz umgehen können und erklärt, was Menschen antreibt, im Netz Hass und Falschaussagen zu verbreiten.
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