Meinerzhagen. „Zieht euch warm an, es wird heiß!“, war Thema des KUK-Forums, zu dem der Verein für Kommunikation und Kultur den bekannten Meteorologen Sven Plöger nach Meinerzhagen eingeladen hatte. Über Perspektiven angesichts der Erderwärmung und des Krieges in der Ukraine sprach Rüdiger Kahlke mit dem Experten.
Inzwischen liegen die Spritpreise bei über zwei Euro, fast an der Schwelle, die die Grünen vor ziemlich genau 24 Jahren ins Spiel brachten. Stünden wir heute besser da, wenn die Preise früher gestiegen wären? „Wahrscheinlich ja“, glaubt Sven Plöger. Erneuerbare Energien seien die Zukunft. Aber sie müssen mit großer Entschlossenheit wirklich platziert werden.“ Durch die CO2-Abgabe sollten die Energiepreise deutlich steigen, „um genau das zu erzielen, was wir jetzt in übermäßiger, schlagartiger Form aus einem ganz anderen und unerfreulichem Grund erleben. Wir merken jetzt, in welche Zwänge uns das reindrückt.“ Plöger verweist angesichts der hohen Energiepreise auf die sozialen Folgen. „Der arme Teil der Bevölkerung zahlt die Zeche. Das darf nicht sein.“ Nötig sei ein sozialer Ausgleich.
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„Energie aus Russland boykottieren“
Trotz der Abhängigkeit von russischer Energie plädiert der Klimaexperte dafür, dem Beispiel der Amerikaner zu folgen und russische Öl- und Gaseinfuhren zu boykottieren. „Das muss Europa, Deutschland eingeschlossen, auch tun. Denn wir bezahlen im Moment mit unserem Geld, das immer noch fließt, ganz viel dafür, dass die Dinge passieren, die passieren. Das darf aus meiner Sicht nicht sein.“ Hier sei eine „konsequente Haltung“ nötig, mit der Folge, dass wir das auch ertragen müssten. „Dann hätten wir vielleicht die Situation, dass wir nicht alle Räume auf 25 Grad heizen könnten.“
Es zeige aber auch, wie vernünftig eine unabhängige Klimapolitik sei, unabhängig von Fossilen, unabhängig von Diktatoren. „Das müssen wir schaffen und wir kriegen vor Augen geführt, welche Fehler wir gemacht haben.“ Er verstehe aber auch jeden, der gerne im Warmen sitzt.
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Keine Laufzeit-Verlängerung für Atom und Kohle
Angesichts der Diskussion um eine Verlängerung der Laufzeiten für Atom- und Kohlekraftwerke, findet Plöger, sei es „richtig, alles zu ventilieren“, sei aber „nicht dafür“. Grund: Die alten Probleme Entsorgung, Sicherheit und Rohstoffe blieben. „Von daher muss es ein klares Signal Richtung Erneuerbare geben.“ Gas gebe es nicht nur in Russland. Klar ist für den Experten aber: Auch wenn es anderswo gekauft werden könne, werden „die Preise noch weiter nach oben schwingen“. Trotz dieser Probleme werde der Klimawandel „selbst wenn dieser Krieg schrecklich und grauenvoll ist“, ein viel, viel größeres dramatischeres Thema bleiben. Man dürfe auch nicht den Fehler machen und sagen: Jetzt passiert gar nichts im Klimaschutz. Der finde derzeit nicht in den Medien statt, Projekte liefen aber weiter.

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Plöger will „kein Verbotsmensch“ sein, appelliert aber, sich klimagerecht zu verhalten. Er bedauert, dass es nicht, wie in Holland, schon ein Tempolimit gibt. „Man kann aber selbst trotzdem 130 fahren.“ Inzwischen wisse fast jeder, was gut oder schlecht sei fürs Klima. „Es gibt einen Haufen von Ratgebern, wenn man dann auch mal reinguckt und noch macht, was drin steht, kann man fast immer sparen.“
Der Klimaexperte lenkt den Blick auf drei Blöcke: Wohnen, Mobilität und Ernährung. Überall könne man einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energieeinsparung leisten. „Was kann ich machen, was kann ich lassen, was kann ein Gewinn sein. Man kann natürlich überlegen, wenn man 80 Kilo wiegt, ob man dann noch ein Auto braucht, das noch 3000 Kilo Blech bewegt. Wie muss man wo hinfahren? Wie kann man Fernreisen gestalten? Kann man das auch mit dem Zug machen? Es darf auch ein Respektgedanke gegenüber der Natur und den Menschen stattfinden.“
Viele Kleine bewegen Großes
Zudem räumt er mit der Vorstellung auf, der Einzelne sei machtlos. 7,8 Mrd. Menschen lebten auf unserem Planeten. „Wenn sie 7,8 Milliarden Mal wenig machen, haben sie viel.“ Neben dem Willen des Einzelnen brauche es auch bindende Rahmenbedingungen – international. Man dürfe keine „hoffnungslos pessimistische Sicht auf die Welt haben. „Hab ich dann für mich und für andere Menschen etwas gewonnen? Ist das besser als zu sagen: Wir haben Chancen? Wir müssen Lust auf Transformation machen“, sieht Plöger Chancen, die Herausforderungen durch den Klimawandel zu bestehen und die Kipppunkte, an denen Prozesse nicht mehr zu stoppen sind, auszuschalten.
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