„Schrecklich verstümmelte Körper“ – spontane Solf-Ausstellung

"Für Halver verlegt Horst Solf die 'schrecklich verstümmelten Körper … ein Albtraum menschlicher Entwürdigung und Vernichtung' auf Europaletten in das Zelt eines örtlichen Rettungsdienstes, mitten in den Weg unseres selbstverständlichen, behüteten Lebens. Unerbittlich und eindringlich führt er das kollektive Versagen vor – es ist wieder Krieg in Europa."

Halver. Ganz spontan und aus hochaktuellem Anlass werden ab dem kommenden Mittwoch, 16. März, Arbeiten des Künstler Horst Solf an der Villa Wippermann zu sehen sein.

„Zu dieser spontanen Ausstellung kommt es aufgrund der aktuellen Ereignisse. Mehr oder weniger zufällig durfte ich letzte Woche die im Märkischen Werk lagernden Arbeiten des Künstlers Horst Solf anschauen. Diese sind in ihrer Expressivität so eindringlich und hochaktuell, dass wir sofort beschlossen haben, diese jetzt mitten im öffentlichen Raum auszustellen“, teilt Kuratorin Jana Eilhardt mit.

Und so werden am Mittwochmorgen etwa zwölf bis 16 Skulpturen, jede mit einem Gewicht von mehr als 100 Kilogramm, im Märkischen Werk verladen und zur Villa Wippermann gebracht. Der Künstler Horst Solf wird selbst vor Ort sein und die Anordnung der Werke dirigieren. Ausstellungsort ist nicht die Villa selbst, sondern ein Zelt, das rechts und links des Hauptweges zu Villa, Rathaus und Spielplatz aufgebaut wird.

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Wenn die Solf-Arbeiten platziert sind, werden Mitglieder des Löschzugs Stadtmitte und der Jugendfeuerwehr das acht mal sechs Meter große Zelt über dem Weg und den Skulpturen aufbauen. Das Zelt wird vorne und hinten offen bleiben, so dass man auf dem Weg von der Frankfurter Straße zur Mittel- und Thomasstraße unausweichlich durch das Zelt an den Torsi vorbei kommen muss, teil Jana Eilhardt mit.

Die Ausstellungsdauer beträgt nur zwei Wochen. Horst Solf wird während der gesamten Zeit der Ausstellung in Halver sein und Rede und Antwort stehen. „Sein Werk und er selbst sind eine Begegnung wert“, weiß Jana Eilhardt.

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In der Ankündigung heißt es:

Elf Jahre lang arbeitete der 1940 in Schlesien geborene Künstler Horst Solf an diesem Zyklus. Dieser – im Jahr 1993 im Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim ausgestellt – umfasst unter anderem 16 Soldatenbüsten, 42 Helmköpfe, 2 Soldatentorsi auf Granitplatten und 60 liegende Torsi. Eisenguss – von Solf selbst in jahrelanger, kräftezehrender Arbeit in den Fabrikhallen der Heidenheimer Gießerei Voith gegossen – durch chemische Zusätze zum Aufplatzen gebracht, mit tiefen Rissen und Blasen. Ein Teil des raumgreifenden Werkes, welches seit vielen Jahren im Märkischen Werk – bei Freunden – lagert, wird für zwei Wochen in Halver zu sehen sein.
Als 5-jähriger – mit der Mutter auf der Flucht – begegnete Horst Solf den Toten auf den Schlachtfeldern des zweiten Weltkrieges. Das Kind – angezogen von den bunten Auszeichnungen an den Uniformen der getöteten Soldaten – verstand die Realität nicht. Menschen, von denen nichts übrig blieb als zerfetzte
Gesichter, abgerissene Gliedmaßen und verbrannte Körper. Sein Werk: „ … zerstörte Körper, körnig, zerfasert, mit riesigen Augenhöhlen, aber nahezu intakten Helmen, die Transformation der menschlichen Natur und die perverse Unzerstörbarkeit des Materials“, ist nicht die Verarbeitung eines kindlichen Traumas. Es ist die Aufarbeitung politischer Ereignisse.
„Kollektiv-Vernichtung in einer um den Preis der Kollektiv-Tötung erkauften männlichen Macht-, Erfolgs- und Zerstörungsgesellschaft…“. „Wie Menschen darangehen, sich selbst zu töten; wie Gewalt Leben vernichtet; wie die aus Haut und Knochen, aus Fleisch und Blut bestehende GROSSE MASCHINE den, der sie antreibt, den Menschen zerstört; …“ Für Halver verlegt Horst Solf die „schrecklich verstümmelten Körper … ein Alptraum menschlicher Entwürdigung und Vernichtung“ auf Europaletten in das Zelt eines örtlichen Rettungsdienstes, mitten in den Weg unseres selbstverständlichen, behüteten Lebens. Unerbittlich und eindringlich führt er das kollektive Versagen vor – es ist wieder Krieg in Europa.

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