Märkischer Kreis. Wenn Kinder und Jugendliche nicht in ihren Familien bleiben können, brauchen sie ein neues Zuhause. An dieser Stelle greift die Arbeit des Pflegekinderdienstes Märkischer Kreis. Die Mitarbeiter vermitteln Kinder, die nicht mehr in ihrer Herkunftsfamilie leben können, in Pflegefamilien. Über diese Aufgabe sprach nun Monika Baukloh, die seit sechs Jahren beim Pflegekinderdienst tätig ist, im Rahmen des Halveraner Ausschusses für Kultur, Soziales und Sport. LokalDirekt-Redakteurin Friederike Kämper interviewte sie vorab.
„Wir können den Kindern den Rucksack, der auf ihren Schultern lastet, nicht abnehmen. Aber wir können ihn gemeinsam tragen.“ So formuliert Monika Baukloh die Arbeit, die sie, ihre Kollegen und vor allem die Pflegefamilien tagtäglich leisten. Kinder, die bei ihren leiblichen Eltern nicht bleiben können, werden in Pflegefamilien vermittelt – derzeit sind es 135 Kinder, die in 109 Familien untergebracht sind. Die Zahl bezieht sich auf die Kommunen, die dem Jugendamt des Märkischen Kreises angegliedert sind.
Die Arbeit von Monika Baukloh und ihren Kollegen beginnt aber nicht erst mit der Vermittlung und Integration der Kinder in ihre „neue“ Familie. Der Prozess, bis ein Kind tatsächlich dem bisher gewohnten Umfeld entnommen wird, ist lang. „Zunächst legen wir alles daran, die Kinder bei ihren leiblichen Eltern zu belassen, leisten Unterstützung und wertvolle Familienarbeit“, berichtet Baukloh. „Wir versuchen zunächst alles, um die gewohnte Familienstruktur zu erhalten.“ Oftmals fehle es nur an Kleinigkeiten und der Hilfe von außerhalb, dass Eltern und Kinder harmonisch miteinander leben können“, weiß die Angestellte des Märkischen Kreises.
„Wir können den Kindern den Rucksack, der auf ihren Schultern lastet, nicht abnehmen. Aber wir können ihn gemeinsam tragen.“
Monika Baukloh
Manchmal aber sei die Entnahme aus der Familie doch der letztmögliche Schritt – zum Wohl und zum gesunden Aufwachsen des jeweiligen Kindes. Diese „ganz individuelle Entscheidung“ durch den Richter eines Familiengerichts kann unterschiedliche Ursachen haben. Mal haben die Jungen und Mädchen körperliche oder seelische Gewalt erleben müssen, mal sind Eltern mit der Versorgung schlichtweg überfordert. Dann, so Baukloh, müsse unverzüglich gehandelt werden.
An dieser Stelle nehmen die Pflegekinderdienst-Mitarbeiter Kontakt zu potentiellen Pflegefamilien auf. Ein Netzwerk, das für den Erfolg des Dienstes und nicht zuletzt für die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung ist. „Wir sind immer wieder auf der Suche nach geeigneten Pflegefamilien“, berichtet die Sozialpädagogin. Sie wolle an dieser Stelle aber keine Werbung machen. „Eine Pflegefamilie wird man aus voller Überzeugung. Das überlegt man sich nicht von heute auf morgen.“
Vielmehr sei dies eine Entscheidung, hinter der das komplette Familiensystem stehen müsse. „Geschwister, Großeltern, nahe Verwandte, sie alle sind Teil der neuen Familie und müssen mitarbeiten.“
Entschieden sich Familien, Kinder aufnehmen zu wollen, werde deren soziales und lokales Umfeld genau kennengelernt. „Für uns ist es wichtig, dass es Großeltern oder nahe Verwandte gibt, die den Eltern auch mal den Rücken freihalten können.“ Zudem lege der Dienst Wert auf Rückzugsmöglichkeiten in Form eines eigenes Kinderzimmers. Auch der Kontakt zur Ursprungsfamilie solle in den meisten Fällen hergestellt beziehungsweise gepflegt werden.
Für die Pflegeeltern bedeutet die Entscheidung die Bereitschaft, dauerhaft mit der Behörde Jugendamt zusammenzuarbeiten. „Wir stehen in regelmäßigem Kontakt und begleiten die Familien nicht nur am Anfang, sondern dauerhaft.
In der Regel, so erklärt Monika Baukloh weiter, würden Jungen und Mädchen bis 6 Jahre in Familien vermittelt. Bei älteren Kindern sei es üblich, sie in anderen Einrichtungen unterzubringen. Allerdings gebe es auch hier immer wieder Ausnahmen – „wir entscheiden von Fall zu Fall.“ Es gehe immer darum, dem Kind die bestmögliche Ausgangsposition zukommen zu lassen. „Wir möchten Kindern die Möglichkeit geben, Familie zu leben. Das ist ganz wichtig.“
Der Film „Pflegeeltern werden“, den der Märkische Kreis in Auftrag gegeben hat, soll Mut machen, ein Kind bei sich aufzunehmen – hier reinschauen.