Neue Schuhe für Pony Lotta

Lotta hat heute eine Shopping-Verabredung. Sie bekommt neue Schuhe. Das Besondere: Die Schuhverkäuferin kommt zu ihr nach Hause mit einem ganzen Kofferraum voller Modelle in ihrer Größe. Die Schuhgröße war in der Vergangenheit immer mal wieder ein Problem. Denn Lottas Füße sind klein. Eigentlich sind es auch keine Füße, sondern Hufe. Lotta ist nämlich ein Shetlandpony.

„Lotta ist noch ziemlich neu hier am Hof. Sie kommt aus schlechter Haltung und wir fangen jetzt nach und nach an, uns mit ihr zu beschäftigen. Dabei gab es ein paar Probleme und deswegen haben wir heute einen Termin zum Schuhe anprobieren“, erzählt Geraldine Bischof. Sie kümmert sich um das kleine Pony, dass in Rennerde auf Schmitz Pferdeerlebnishof wohnt. Lotta hatte bisher kein gutes Leben. Kam mit wenig Fell und schlechten Hufen nach Rennerde. Einige Wochen wurde sie aufgebaut. Lernte, dass Menschen nicht schlecht sind. Die Hufe sind ein großer Schwachpunkt des Ponys. In ihren vier Lebensjahren habe sie vermutlich nicht oft oder gar nicht den Schmied gesehen, der normalerweise alle sechs bis acht Wochen zur Hufpflege kommen sollte. „Männer findet sie eh schon gruselig. Vor dem Schmied hat sie doch ziemlich Angst. Immer wenn er auf dem Hof ist, beschäftigt er sich daher kurz mit ihr. Einfach, dass sie es lernt, dass ihr nichts passiert. Nach und nach bearbeiten wir so die Hufe. Aber sie sind noch weit weg von gut und normal“, erklärt die Pflegerin. Prinzipiell wäre das kein Problem. Doch Lotta, die nach und nach ein richtiges Ponyleben kennenlernen soll, läuft auf den harten Waldwegen fühlig.

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„Fühlig bedeutet, dass das Pony empfindlich ist. Es ist ein bisschen wie bei Menschen. Die einen können barfuß ohne mit der Wimper zu zucken über Schotter und Kies laufen, andere empfinden schon normalen Asphalt als unangenehm“, erklärt Geraldine Bischof. Die Waldwege rund um Rennerde sind aktuell sehr steinig. Im Rahmen des Trassenbaus des Übertragungsnetzbetreibers Amprion wurden viele Waldwege verbreitert und neu geschottert. „Die kleine Maus möchte aber mit und soll auch mit spazieren gehen. Sie muss ja alles kennenlernen und Muskulatur aufbauen. Sie soll ein gesundes Pony werden. Würden wir jetzt ignorieren, dass der Boden im Wald unangenehm ist, würde sie das negativ verknüpfen. Aber gerade sie braucht positive Verknüpfungen, um weiter Vertrauen aufzubauen“, erklärt die Reiterin das Dilemma. Eigentlich wäre die Lösung verhältnismäßig einfach: Hufeisen drauf und los geht´s. Wäre da nicht das Problem mit der mangelnden Hufpflege in der Vergangenheit und die große Angst des Ponys.

Pony Lotta bekommt ihre ersten Schuhe. – Foto: Machelett

Nach Rücksprache mit dem Schmied sei entschieden worden, etwas Neues zu probieren: Hufschuhe. Da Lotta problemlos auf der weichen Wiese laufen kann, könnten die Schuhe temporär für Ausflüge in den Wald angezogen werden. Der Huf kann sich ungestört weiter entwickeln und wird nicht gestört. Gleichzeitig hat sie einen Schutz vor Steinen. Und so rollt das Auto von Ann-Kathrin Heyermann auf den Hof. Die Nachrodterin hat sich Hufbearbeitung und Hufschuhe spezialisiert. Doch die kleine Lotta mit ihren knapp 90 Zentimetern ist auch für sie eine Herausforderung. „Die Hufe sind schon sehr klein. Da ist die Auswahl nicht so groß, wie beispielsweise bei einem größeren Pony oder Warmblut“, erklärt sie. Letzlich kämen für Lotta drei verschiedene Marken in Frage. Bevor es los geht, muss Lotta auf den Laufsteg und sich einmal präsentieren. Die Expertin möchte das Gangbild sehen, um hinterher mit den Schuhen einen Vergleich zu haben.

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„Jetzt müssen wir einfach alle einmal anprobieren“, sagt sie. Der erste Schuh fällt direkt raus. „Der sitzt an den Seiten nicht richtig. Den würde sie vermutlich unterwegs verlieren“, erklärt die Hufschuh-Expertin. Ein passender Schuh liegt gut am Huf an, scheuert und drückt nicht. „Ob ein Hufschuh wirklich perfekt passt, stellt sich erst heraus, wenn er auch richtig im Einsatz ist. Ein Schuh kann bei der Anprobe noch so gut sitzen und doch kommt es nach mehrfacher Nutzung zu Druck- und Scheuerstellen oder der Schuh fliegt im wilden Galopp davon“, berichtet Heyermann. Daher gebe es auch einen Testzeitraum. „Wir suchen heute das Modell, das am besten passt und dann kann Lotta erstmal zwei Wochen damit laufen. Erst dann wird der Kauf fix“, erläutert die Nachrodterin das Prinzip.

Hufschuhe sind inzwischen nicht mehr klobig und schwer und eignen sich auch für Sportpferde. – Foto: Micha Loewe

Hufschuhe seien im Moment immer mehr im Kommen und auch im Sportbereich würden sie eingesetzt. „Die Schuhe waren früher extrem klobig. Das ist längst nicht mehr so“, erzählt Ann-Kathrin Heyermann. Es sei auch gar nicht so, dass sie Hufeisen verteufle. „Die haben durchaus ihre Berechtigung. Es gibt viele Pferde, die sie brauchen, wo ein temporärer Hufschutz nicht reicht. Das ist vor allem immer dann der Fall, wenn der Abrieb des Hufs größer ist als das Hufwachstum“, erklärt die Hufexpertin. Das kann an verschiedenen Faktoren liegen. Am Untergrund, am Huf selbst oder auch aus gesundheitlichen Gründen.

Dass sie einmal mit Hufbearbeitung und Hufschuhen ihr Geld verdienen würden, habe sie vor einigen Jahren auch nicht erwartet. Über ihren Isländer Paul sei ihr Interesse für den Huf geweckt worden. Immer mehr habe sie selbst gemacht. Es folgten eine Ausbildung und viele Fortbildungen. Viele Faktoren spielen bei ihrer Arbeit eine Rolle, das Thema ist komplex. So haben die Haltung, die Bewegung, die Ernährung und die Hufpflege einen starken Einfluss auf den Huf. „Dem Huf zuzuhören und die Abhängigkeiten der einzelnen Hufstrukturen miteinander zu verstehen, bildet die Basis für meine Arbeit“, erklärt Ann-Kathrin Heyermann.

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