Namibia statt Halver: So ergeht’s Fynn in seinem Gap Year

Der 18-jährige Halveraner Fynn Fröndhoff lebt seit dreieinhalb Monaten in der Küstenstadt Swakopmund in Namibia. Im Interview mit LokalDirekt-Volontärin Shada Karnib erzählt Fynn von seinen Tätigkeiten und Erfahrungen.

Hallo Fynn. Erzähl uns doch, wie du darauf kamst, ein Auslandsjahr in Namibia zu machen.

Fynn Fröndhoff: Nach meinem Abitur wusste ich, dass ich raus aus Deutschland und die Welt sehen, vor allem aber auch neue Menschen und Kulturen kennenlernen wollte. Darüber hinaus war ich mir noch nicht ganz sicher, in welche Richtung meine berufliche Karriere gehen sollte – ob ich studieren möchte oder nicht. Klar war nur: Ich wollte etwas ganz neues erleben, mit den Menschen vor Ort möglichst eng zusammenarbeiten, um viel dazuzulernen und an neuen Perspektiven und Selbstsicherheit zu gewinnen. Dann hab ich mich ein wenig informiert und bin letztendlich auf das „weltwärts Programm“ gestoßen. Ich habe gemerkt, wie viele Möglichkeiten es gibt, sich international zu engagieren, was meine Entscheidung natürlich nicht gerade vereinfacht hat. Immer weiter habe ich meine Suche letztendlich auf Namibia eingegrenzt und bin dann auf das „DRC School Project and Community Centre“ in Swakopmund durch Zufall gestoßen. Mir war im Vorhinein wichtig, dass ich viel mit Kindern zu tun habe, die Namibier und die Kultur kennenlerne. Das Schulprojekt hat mich einfach sofort angelächelt. Ich habe mich sofort beworben und bin sehr dankbar, dass alles super geklappt hat.

Zu deiner Arbeit: Was sind deine Tätigkeiten und wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Meine Einsatzstelle befindet sich im Zentrum des DRC – einem Township am Stadtrand – und ist somit recht weit entfernt von unserer Unterkunft. Jeden Morgen müssen wir mit dem Taxi ungefähr 15 Minuten bis zur Arbeit fahren. Die Einsatzstelle ist einerseits ein Schulprojekt, das vor allem Kindern, die keinen staatlichen Schulplatz bekommen haben, einen Zugang zu Bildung verschafft, ohne dabei die finanzielle Lage der Familien mit in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus unterstützen wir die Schulkinder nachmittags bei ihren Hausaufgaben und Rechercheprojekten und bieten ihnen dafür die benötigten Ressourcen. Andererseits ist es aber auch ein Community Center und greift der gesamten Community beispielsweise beim Schreiben von Lebensläufen und Bewerbungen unter die Arme. Meine Mitfreiwillige und ich sind hier in beiden Bereichen tätig und wechseln uns ab. Einen Tag bin ich im Büro und arbeite viel am Laptop und sie ist in den Klassen unterwegs, um den Unterricht zu führen oder zu unterstützen. Am nächsten Tag machen wir es dann anders herum.

Ich unterrichte primär Sport, Kunst und führe die Kinder langsam an die Arbeit mit einem Computer heran. Zudem habe ich aber auch mehr als genug Freiraum, um mir noch eigene kreative Spiele und Aktivitäten für die Kinder auszudenken. Seit kurzer Zeit habe ich auch meinen eigenen „Boys Club“. Da treffen wir uns zweimal wöchentlich, um ein Umfeld für die Jugendlichen zu schaffen, in dem sie sich wohlfühlen. Wir tauschen uns aber auch offen und ehrlich über wichtige Themen und Herausforderungen im Teenageralter aus. Natürlich sollen gemeinsame Spiele und Teambuilding Aktivitäten auch Teil des Programmes werden.

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Hattest du in manchen Situationen einen „Kulturschock“? Wie war die Umstellung von Deutschland auf Namibia für dich?

Man fühlt sich in der deutschen Kolonialstadt Swakopmund wie in „Kleindeutschland“. Zahlreiche weitere Deutsche habe ich auch schon kennengelernt. Dementsprechend wird hier auch viel Deutsch gesprochen. Eine große Umstellung habe ich in Swakopmund also nicht durchgemacht. Bei meiner Einsatzstelle, die außerhalb der Stadt liegt, war das schon ein wenig anders. Ich würde es nicht als Kulturschock bezeichnen, aber es gab schon einige Sachen, an die man sich anpassen beziehungsweise gewöhnen musste. Ich werde hier in der Einsatzstelle mit Dingen konfrontiert, die wirklich nicht einfach zu verarbeiten sind. Für mich ist es einerseits schwer, so viel Armut zu sehen und mir klar zu sein, dass ich nach der Arbeit zu einem warmen Bett und einem vollen Kühlschrank zurückkehre, was die meisten der Kinder hier eben leider nicht können. Andererseits freut es mich aber auch, jeden Tag zu sehen, wie viel Lebensfreude die Kinder ausstrahlen und wie sie jeden Tag voller Aufregung in den Tag starten. Mir über meine eigenen Privilegien bewusst zu werden und mit der enormen Teilung, der Armut und dem Alltagsrassismus in Swakopmund umgehen zu lernen, sehe ich für mich persönlich als große Herausforderung an.

Auf welcher Sprache kommunizierst du mit deinem Umfeld? Gibt es neben Englisch noch eine weitere Sprache?

Englisch ist die offizielle Landessprache in Namibia. Manchmal gibt es aber auch Sprachbarrieren. Meistens kommt das bei der Arbeit im Kindergarten und in der Vorschule vor. Der Großteil der Kinder kann noch kaum Englisch und kommuniziert hauptsächlich über eine von in Namibia vielen vorhandenen Muttersprachen. Je nachdem aus welcher Region die Familie kommt, wird Zuhause oft eine andere Sprache gesprochen. Dann ist es immer gut, eine Lehrkraft aus der Region in der Nähe zu haben, die einige Sprachen verstehen und beherrschen kann. „Oshiwambo“ ist beispielsweise eine Sprache, mit der ich – neben Englisch – am meisten in Kontakt komme. Auf dem Handy hab ich ein kleines Lexikon gestartet, wo ich alle neuen Wörter eintrage, die ich mit der Zeit dazulerne. Ein Beispiel: „Meme“ ist eine eher umgangssprachliche, aber dennoch respektvolle Anrede einer Dame und „Tate“ die eines Mannes. Solche „Basics“ greift man eben auf.

Hast du schon Freundschaften geschlossen?

Ja, schon einige. In Deutschland habe ich in meiner Freizeit immer viel Basketball gespielt. Auch hier gibt es einen Freiplatz, wo viele der „Locals“ immer spielen. Einerseits über den Sport, aber andererseits auch über den vielen Kontakt mit Menschen in meiner Einsatzstelle habe ich schon viele Kontakte geknüpft und neue Freunde gefunden. Die offene, gesprächige und sehr einladene Art der Menschen hier vor Ort hat mir dabei sehr geholfen.

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Hattest du schon genug Zeit, um auch mal etwas durch das Land zu reisen und die Umgebung zu erkunden?

Auf jeden Fall. Ich habe momentan Ferien und möchte so viel wie möglich vom Land sehen. An meinen freien Tagen war ich schon im Damaraland im Nordwesten Namibias. Vier Nächte haben wir dort gecampt in einer Natur, die man mit den anderen Ländern, die ich schon besucht habe, einfach nicht vergleichen kann. Die unglaubliche Weite hier in Namibia gibt einem ein ganz anderes und freieres Reisegefühl. In den Weihnachtsferien sind wir wieder campen gegangen. Erst bei einem Berg – Spitzkoppe – für eine Nacht. Dort sind wir wandern und klettern gegangen – das war richtig cool. Die restlichen drei Nächte haben wir auf einer Farm verbracht, wo wir auf dem Gelände Giraffen, Nashörner, Strauße, Paviane und verschiedenste Arten von Springböcken gesehen haben. Ich möchte meine restlichen freien Tage in diesem Jahr natürlich so gut wie möglich nutzen, um noch mehr von Namibia zu sehen.

Gibt es bestimmte nationale Essensgerichte, die du kennengelernt hast?

Ich habe sowohl gute, als auch schlechte Erfahrungen gemacht, was das namibianische Essen angeht. Generell bin ich ein sehr offener Mensch, also probiere ich hier auch gerne alles, auch wenn es im ersten Moment nicht so einladend aussieht. In meiner ersten Woche habe ich „Oshikundu“ probiert. Das ist ein traditionelles Getränk, das für mich wie Hefeteig gerochen und später leider auch geschmeckt hat. Das aufregendste war aber der „Mopane-Wurm“. Das ist ein circa zehn Zentimeter langer gegrillter Wurm. Ich hab darauf rumgekaut und naja – es war nicht die beste Erfahrung. Im Nachhinein fand ich es aber ganz witzig, weil alle anderen um mich herum auf meine Reaktion gewartet und gelacht haben. Natürlich habe ich viel mehr leckere Gerichte schon probieren können. Von „Pap“ bin ich beispielsweise ein großer Fan. Das ist ein beliebter Maisbrei hier in Namibia, der billig und einfach zu machen ist. Auch „Fatcakes“ esse ich gerne, ich vergleiche das oft mit Berlinern nur ohne Marmelade. Mein persönlicher Favorit ist aber „Kapana“, ein traditionelles Fleischgericht mit einem ganz eigenen Geschmack, den ich sehr schwer beschreiben kann.

Fynns Lieblingsgericht „Kapana“. – Foto: Fynn Fröndhoff

Wie kommst du mit dem warmen Wetter zurecht?

In Swakopmund sind es gerade so um die 25 bis 30 Grad. Die Sonne knallt natürlich schon sehr. Würde ich mich hier im Sommer nicht jeden Tag fleißig eincremen, wäre ein böser Sonnenbrand unvermeidbar. Das ist schon heftig. Im Inland sind die Temperaturen noch heißer: Da werden es um die 35 bis 40 Grad. Deswegen bin ich froh, an der Küste zu leben. Hier ist das Klima deutlich milder. Im deutschen Sommer ist hier dann allerdings Winter. Der wird in Namibia überraschend kalt. Das Wetter ist hier somit nicht immer heiß, sondern variiert ähnlich wie in Deutschland. Entweder ist es einem zu warm oder zu kalt.

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Wie feierst du in diesem Jahr Weihnachten und Silvester?

Dieses Jahr feier ich mit den anderen deutschen Freiwilligen hier im Studentenheim Weihnachten. Wir sind um die sieben Leute. Ich denke, dass wir zusammen kochen und uns einen schönen Abend machen werden. Da wir wichteln, wird auch eine Bescherung nicht fehlen. Außerdem wollen wir an Heiligabend auch zusammen in die Kirche gehen. Weihnachten ist für mich die Zeit, wo man am meisten an sein Zuhause und die Familie denkt. Aber dennoch finde ich es cool, mal ein ganz anderes Weihnachten in der heißen Sonne kennenlernen zu können. An Silvester geht es für mich gemeinsam mit den anderen Freiwilligen zehn Tage nach Kapstadt. Darauf freue ich mich schon sehr.

Hast du Tipps für Zukünftige, die auch ein Auslandsjahr in Namibia beziehungsweise Afrika machen möchten?

Ich bin zwar erst seit dreieinhalb Monaten in Namibia, aber ich kann es allen nur ganz nah ans Herz legen, weil es einfach eine richtig coole und bereichernde Erfahrung ist. Ich habe schon so viel für mich dazu gelernt, allein was den Umgang mit Menschen angeht. Wenn man offen an die Sache ran geht und den Mut hat, etwas neues zu wagen, wird man dafür belohnt und eine unvergessliche Zeit haben.

Ich bedanke mich für das Gespräch.

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