Das Eiscafé Valentina gehört zu Schalksmühle, wie die Sonne zum Sommer: Eis schlecken, einen Cappuccino trinken und noch eine Waffel dazu? Kein Problem. Ob im Sommer oder Winter. Das Eiscafé ist der Treffpunkt in Schalksmühle. Doch die Eis-Zeiten beim Eiscafé Valentina sind bald vorbei. Am 20. Dezember werden Bruno, Bea und Valentina Sapere das letzte Mal hinter dem Tresen des Eiscafés am Rathausplatz stehen. „Es geht nicht mehr“, sagt Bruno Sapere. Die Stimme stockt, während er vom Verkauf erzählt. Dem Verkauf des Lebenswerkes seiner Familie. Dem Verkauf seines „Babys“. Nicht nur symbolisch trägt die Eisdiele den Namen der Tochter Valentina.
Rückblick: Januar 1992. Winter. Eisige Temperaturen. Ein kleiner Fiat Uno kämpft sich über die Alpen. Das junge Paar ist erst seit kurzem verheiratet, stammt aus der sonnigen Region Kalabrien und fährt einer ungewissen Zukunft entgegen. Ihr Ziel: Schalksmühle. Nur einen Monat später eröffnen Bea und Bruno Sapere, 22 und 26 Jahre alt, am 8. Februar 1992 das Eiscafé Venezia am Rathausplatz. 1995 kommt Valentina auf die Welt. Mit der Geburt ihrer Tochter ist klar, dass die Familie in Schalksmühle bleibt. 2017 steigt Valentina in den Familienbetrieb ein.
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„Leider“, fügt er mit tränenerstickter Stimme hinzu, „leider, geht es nicht mehr“. Die Gesundheit spielt nicht mehr mit. „Wir lieben Eis. Daher stellen wir unser Eis mit viel Liebe von Hand her.“ Ein Knochenjob, der nun seinen Tribut zollt. Mit Fachwissen, Handwerkskunst und Leidenschaft erzeugt die Familie Eis und Saucen selbst. Zutaten wie Obst werden frisch püriert und dann weiterverarbeitet. Qualität, die für viele Kunden ein Grund ist, auch lange Fahrten auf sich zu nehmen. Kunden kommen aus Dortmund, Köln und anderen Städten, um in Schalksmühle Eis zu essen.
Qualität, die aber viel Zeit und noch mehr Kraft kostet. Denn: Die eigentliche Arbeit beginnt in den frühen Morgenstunden mit der Eisproduktion – abgeschlossen wird spät abends nach dem Putzen und Desinfizieren. Sieben Tage die Woche. Mehr als 125.000 Stunden hatte die Eisdiele in den zurückliegenden 31 Jahren geöffnet. Dazu kommt die Zeit für die Eisproduktion, Einkaufen, Aufräumen, Büroarbeit und vieles mehr. Ein Full-Time-Job. Mit durchschnittlich zwei Wochen wirklichem Urlaub pro Jahr.
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Bereits Anfang des Jahres hatten sich die Betreiber der Kult-Eisdiele aus gesundheitlichen und personellen Gründen dazu entschieden, keinen Service mehr anzubieten. Mit den Corona-Lockerungen stellte die Familie wieder Tische und Stühle auf der Sonnenterrasse auf – die Gäste konnten sich Eis- und Kaffeespezialitäten selbst an der Theke holen. Im Innenraum selbst bot die Familie hingegen den gewohnten Service an. Eine kleine Entlastung bot auch der im November eingeführte Ruhetag, aber die Entlastung war nicht groß genug. „Wir standen vor der Entscheidung, den Innenraum zu schließen und nur eine Theke für den Außer-Hausverkauf zu installieren oder eine andere Lösung zu finden“, sagt Bruno Sapere. Der Gedanke wuchs, einen Nachfolger für das Familien-Unternehmen zu finden. „Wir wollen, dass die Kunden den Service bekommen, den sie verdienen – wir können das leider nicht mehr leisten.“ Eine Nachfolger-Familie haben sie gefunden. Bis zum 20. Dezember wird das Paar angelernt und mit den Kunden bekanntgemacht.
„Es ist ein toller Job. Ich könnte mir keinen besseren Job vorstellen“, sagt Bruno Sapere. Es ist aber auch ein Job, der Verzicht bedeutet. Verzicht auf Privatleben. Auf Freunde. Auf Familie. Darauf, etwas von der Welt zu sehen – oder auch nur von den großen Städten im Umkreis. Bis auf die Flughäfen haben Bruno und Bea Sapere die Städte im Umkreis nicht gesehen. Das wollen sie nachholen. Sie werden bleiben – hier in Schalksmühle, ihrer Wahl-Heimat. Hier, wo aus langjährigen Kunden gute Freunde geworden sind.
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