Kierspe. Die Nachrichten aus der Ukraine haben sich in den vergangenen Tagen überschlagen. Viele erfüllen sie zusehends mit großer Sorge. Seit am Morgen des 24. Februars russische Bomben auf ukrainische Städte wie Charkiw und Kiew fielen und Wladimir Putin somit seinen Worten Kriegstaten folgen ließ, herrscht Krieg in dem osteuropäischen Land.
Wie die Lage vor Ort in der Ukraine ist, bekommen Gisela und Werner Steinbach aus Kierspe nahezu hautnah mit. Das Pastorenehepaar im Ruhestand gründete in den 1980er-Jahren den Verein Kinder von Tschernobyl. Ausschlaggebend war damals die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986. Der Verein hat sich seitdem zur Aufgabe gemacht, Familien vor Ort mithilfe von Kleider-, Sach- und Geldspenden zu unterstützen und insbesondere Kindern und Müttern einen sogenannten Erholungsaufenthalt im Sauerland zu ermöglichen. Ihr Schwerpunkt liegt dabei auf Wischgorod, einem Kreis zwischen Kiew und Tschernobyl.
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Im Laufe der Vereinsarbeit, die das Ehepaar Steinbach auch selbst oft in die Ukraine führte, ist ein Netzwerk aus vielen Ukrainern entstanden, das sich heute über das gesamte Land erstreckt. Gisela Steinbach steht in diesen schweren Tagen in täglichem Kontakt zu ihren Freunden vor Ort. Über WhatsApp und E-Mail erfährt sie, wie die Lage in den Städten, aber auch auf den Dörfern ist.
„Einige unserer Freunde sind in Panik, haben Angst vor einem Krieg und vor Putins Unberechenbarkeit“, berichtet Gisela Steinbach im Gespräch mit LokalDirekt. „Andere sagen aber auch, sie wollten nun erstmal Ruhe bewahren.“ In Kiew, so sei ihr erzählt worden, hätten sich viele – zumeist reiche – Menschen bereits auf die Flucht begeben. Erste Anlaufstelle sei das westliche gelegene Lwiw. Von dort, so hofften einige, könne eine Flucht – falls nötig – nach Polen gelingen.
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In Lwiw lebt auch ein ehemaliges Gastkind der Steinbachs. Zwar habe sie den Jungen heute noch nicht erreichen können, wohl aber dessen Mutter. Sie sagte, es gehe beiden gut, man müsse nun Ruhe bewahren. Auch die den Steinbachs bekannten Dolmetscher in Kiew seien heute Morgen noch „relativ entspannt“ gewesen. „Unsere Freunde sind von den Geschehnissen in ihrem Land genauso überrascht worden, wie wir“, sagt Gisela Steinbach. „Es war vielleicht abzusehen nach der Rede Putins. Aber dass es so schnell so weit kommt, hat doch keiner vermutet.“ Und eben diese Unberechenbarkeit Putins bereite ihr große Sorgen. „Das, was dort gerade passiert und womöglich noch passieren wird, ist die Katastrophe schlechthin.“
Steinbach weiter: „Unsere Freunde in der Ukraine sind zum Teil so gut ausgebildet, so westlich. Die wollen mit dieser russischen Sowjet-Idee von Putin nichts zu tun haben. Sie möchten einen modernen, demokratischen Staat.“ Den verarmten Menschen auf den Dörfern gehe es da noch etwas anders. Sie hätten ohnehin schon wenig und möchten das, was sie haben, nicht auch noch durch Krieg verlieren. Ob es ein Leben unter ukrainischer oder russischer Flagge gibt, sei in diesen teils ärmlichen Verhältnissen zweitrangig.
Derzeit bleibe ihr und ihrem Mann nicht mehr übrig, als täglich den Kontakt zu den Freunden vor Ort zu suchen. Der geplante Sachspenden-Transport ruhe nun erstmal. Geldspenden könnten gerade ebenfalls nicht weitergeleitet werden. Steinbach: „Im Moment können wir nichts machen, außer zuzuschauen, zu hoffen und zu beten.“
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