Haushaltsrede von Kämmerer Markus Tempelmann

"Schon heute sehe ich die Zeit in Halver zu 95 Prozent positiv; wenn ich in fünf Jahren zurückblicke, werden es 99 Prozent sein", sagte Kämmerer Markus Tempelmann am Ende seiner Haushaltsrede vor dem Rat.

Halver. Es war die letzte Haushaltsrede, die Kämmerer Markus Tempelmann vorm Halveraner Ratsgremium hielt. Ende des Jahres wird er nach Paderborn wechseln. In seiner Rede ging er ein auf die positive Haushaltsentwicklung der vergangenen Jahre und betonte zugleich eine deutliche Reduzierung der jährlichen Defizite anzustreben, „so dass die bestehende Ausgleichsrücklage ausreicht, um alle Lücken bis einschließlich 2025 zu füllen“.

Er lobte den Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in Halver und wies zugleich darauf hin, dass „die häufig inhabergeführten Unternehmen (…) wieder das Gefühl (zurück) erhalten müssen, dass sie in dieser Stadt vorbehaltlos willkommen sind. Die Rückmeldungen beim letzten Unternehmerfrühstück waren alarmierend.“
Halver werde sich nur dann weiter positiv entwickeln, wenn eine Versöhnung von Ökonomie und Ökologie gelänge.

In den verbleibenden Wochen in Halver wolle Tempelmann noch „einige Leitplanken einziehen“. Dies betreffe insbesondere die Weiterentwicklung des Wohngebietes Herksiepe/Schillerstein, einen Einleitungsbeschluss für das Gewerbegebiet Leifersberge im Dezember und die vertraglichen Grundlagen für das erste kommunale Windrad in Halver.


Die Haushaltsrede von Kämmerer Markus Tempelmann am 20. September 2021 im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,

ich schließe mich den Worten von Bürgermeister Michael Brosch an und möchte mich angesichts der Lage ebenfalls kurz fassen. Gleich vorweg der herzliche Dank an Annette Schulte, die gewohnt routiniert die Zahlen des Haushaltes zusammengetragen hat.
Die auch für 2022 wieder umfassend geplanten Investitionen hat Michael Brosch gerade ausgiebig beschrieben. Für eine Stadt unserer Größenordnung ist das sehr ambitioniert; wir sind aber gemeinsam der Überzeugung, dass wir in Krisenzeiten antizyklisch handeln und weiter investieren sollten.

Aber: um überhaupt investieren zu dürfen, müssen wir unsere Hausaufgaben machen, d.h., wir müssen zwingend ab 2022 die Regeln der Gemeindeordnung NRW erfüllen.
Wir haben nunmehr zehn Jahre lang die Vorgaben des Stärkungspaktgesetzes eingehalten; als einziger Teilnehmer ohne dabei die Steuern zu erhöhen. Dieses doppelte Jubiläum können wir am 31.12.2021 feiern, passenderweise zeitgleich mit meinem Abschied aus Halver.

Mit dem Ende des Stärkungspaktes endet auch die Zuständigkeit der Bezirksregierung für unseren Haushalt. Eine gute Gelegenheit, nochmal in die Fußballsprache zu wechseln: Die 4. Liga werden wir also definitiv mit dem Jahreswechsel verlassen. In welcher der drei oberen Ligen wir dann landen werden, hängt vom Ergebnis der Haushaltsplan-Beratungen in den nächsten 12 Wochen ab:

Das kumulierte Defizit der Jahre 2022 bis 2025 liegt aktuell noch bei rund 4,8 Millionen Euro, (davon rund 475 000 Euro in 2022 und fast 2,5 Millionen Euro in 2023). Würde sich daran bis zum 13.12. nichts ändern, würde die in den letzten guten Jahren wieder aufgefüllte Ausgleichsrücklage von fast 4 Millionen Euro nicht ausreichen. Der übersteigende Betrag von rund 0,8 Millionen Euro könnte nur durch eine Entnahme aus der allgemeinen Rücklage gedeckt werden. Hierfür müsste der Märkische Kreis eine Genehmigung erteilen (3. Liga).

Anzustreben wäre aber mindestens eine deutliche Reduzierung der jährlichen Defizite, so dass die bestehende Ausgleichsrücklage ausreicht, um alle Lücken bis einschließlich 2025 zu füllen. Es handelt sich um den sogenannten fiktiven Ausgleich (2. Liga); eine Genehmigung seitens des Kreises ist entbehrlich.

Ideal wäre natürlich der sogenannte echte Ausgleich (1. Liga). Hierzu müssten in allen Jahren Überschüsse erreicht werden. Egal wo wir letztlich landen: Von der Notwendigkeit, ein Haushalts-Sicherungskonzept gemäß § 76 GO NRW aufstellen zu müssen, sind wir – aufgrund der Überschüsse in den letzten Jahren – relativ weit entfernt; die vorhandene Ausgleichsrücklage schützt uns davor. Daran erkennt man, dass schwarze Nullen nicht das Problem sind, sondern die Lösung.

Gleichwohl sollten wir gemeinsam alles daran setzen, im Zuge der Haushaltsplan-Beratungen nicht draufzusatteln, sondern Wege zu finden, die uns die volle Handlungsfähigkeit auch für ein weiteres Jahr ermöglichen.
Um überhaupt die bisher roten Zahlen im Entwurf zu minimieren, haben wir schon einige Register gezogen: Wie in den Vorjahren sind wieder siebenstellige Effekte aus Grundstücksgeschäften eingestellt und zwar für 3 der 4 Jahre.

Die letzte Information ist nicht neu: Ich habe dies bereits in den letzten beiden Jahren an dieser Stelle ganz deutlich herausgestellt. Ohne eine konsequente Entscheidung für zwei kleine Wohngebiete, müssen Sie berücksichtigen, dass uns für die Jahre 2024 und 2025 jeweils 2 Millionen Euro fehlen würden.
An dieser Stelle möchte ich auf einige Aspekte des GFG 2022 eingehen, da es hier z.T. deutliche Veränderungen gegeben hat:

Uneingeschränkt positiv zu bewerten ist der Umstand, dass die 2019 (erstmals seit den 80er Jahren) wieder eingeführte Aufwands- und Unterhaltungspauschale überproportional erhöht wird (von 140 auf 170 Mio. €). Da die Verteilung hier zu 50 Prozent nach Einwohnern und zu 50 Prozent nach Fläche erfolgt, kommt eine Flächengemeinde wie Halver hier besonders gut weg: rd. 269.000 Euro als Ertragsposition, die zudem auch noch umlagefrei in Halver verbleibt.

Vor 2 Jahren habe ich an dieser Stelle folgendes ausgeführt:

„Die Forderung des StGB NRW nach gestaffelten Hebesätzen ist nach wie vor richtig: während das tatsächliche Ausgabeverhalten als Begründung für die EW-Veredelung angeführt wird, spielen auf der Einnahmeseite die tatsächlichen Steuer-Einnahmen keine Rolle, sondern die fiktiven. Wenn der Gesetzgeber unbedingt weiter an den fiktiven Hebesätzen festhalten möchte, sollte er zumindest nach Größenklassen gestaffelte Sätze einführen, um nicht kleineren Städte in der HH-Sicherung Steuererhöhungen abzufordern.“

Genau dies ist jetzt nach mehr als 15 Jahren endlich umgesetzt worden; wir haben am Freitag in der Vorstandssitzung des Fachverbandes der Kämmerer (FVK) sehr kontrovers diskutiert: während z.B. Köln allein dadurch rd. 70 Mio. € verliert, gewinnt Halver rd. 0,5 Mio. € p.a. Die Kontroverse wird anhalten, denn das Land hat die Umsetzung der Maßnahme zu jeweils 50 % auf die Jahre 2022 und 2023 verteilt. Hieran erkennt man, wie wichtig gerade auch die Verbandsarbeit geworden ist.

Sorgen macht jedoch der Umstand, dass die Aufstockung der Verbundmasse 2022 erneut nur kreditiert gewährt wird. Diese 931 Mio. € sind eine erhebliche Vorbelastung der künftigen GFG.

Positiv ist hingegen zu bewerten, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze wieder eine um 51 % höhere Gewichtung erhalten hat. Schließlich hat die Stadt Halver Ende 2020 eine Höchstzahl von 6.776 Arbeitsplätzen vorzuweisen und seit Ende 2019 (zum ersten Mal) einen positiven Pendlersaldo.

Dies wird aber in der Zukunft kein Selbstläufer bleiben. Die häufig inhabergeführten Unternehmen müssen wieder das Gefühl (zurück) erhalten, dass sie in dieser Stadt vorbehaltlos willkommen sind. Die Rückmeldungen beim letzten Unternehmerfrühstück waren alarmierend.

Halver wird sich nur dann weiter positiv entwickeln, wenn eine Versöhnung von Ökonomie und Ökologie gelingt.

Die Eckdaten des Märkischen Kreises sind noch ganz frisch: der Kreiskämmerer plant für 2022 mit einem Defizit von rd. 3,3 Mio. €. Eine ähnliche Zahl war auch für 2020 geplant; allerdings schloss das Jahr mit einem Überschuss von 16,4 Mio. € ab.

Dass der Hebesatz mit 38,76 % stabil bleiben soll, ist auf den ersten Blick positiv. Das Aufkommen aus der allgemeinen Kreisumlage steigt aber um rd. 12 Mio. € an. Hintergrund ist der gerade beschriebene Effekt zugunsten des kreisangehörigen Raumes im GFG: die Schlüsselzuweisungen der Städte im MK steigen um rd. 20 Mio. €, die Umlagegrundlagen insgesamt um rd. 31 Mio. €. Hier gilt es in den nächsten Wochen, mit dem Kreis über eine Senkung des Hebesatzes zu sprechen.

Die differenzierte Kreisumlage soll sogar von 21,72 auf 21,96 % steigen, absolut von 33,6 auf 35,7 Mio. €. Ein Teil dieser Steigerung kommt auch dem Kita-Ausbau in Halver zugute.

Meine Damen und Herren,

nach rund 13,5 Jahren in Halver und insgesamt 21 Jahren als Kämmerer werde ich zum Jahresende beruflich nach Paderborn wechseln und dort eine neue – sehr spannende- Aufgabe übernehmen. Man kann nicht immer nur „Nein“ sagen, gerade wenn man schon 52 ist.

Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn Sie im Dezember so etwas wie eine Bilanz unter meine Arbeit in Halver ziehen möchten. In einer Demokratie muss das einfach dazu gehören.

Wenn ich selbst auf meine Ziele zurück schaue, die ich mir 2008 gesetzt hatte, fallen mir neben der Konsolidierung des Haushaltes insbesondere die Defizite in den Bereichen Wohnen, Gewerbe und Handel ein, die wir gemeinsam mit den Kollegen beheben konnten. Dass es mit 3 Wohngebieten, einem Gewerbegebiet und einem Einkaufszentrum exakt die gleichen Werte gegeben hat, wie zuvor in Breckerfeld, ist sicherlich Zufall.

Die erfolgreiche Absolvierung des StPG, das Umdrehen tiefroter Zahlen (2010 = minus 5,4 Mio. €) in schwarze (2019 = plus 3,6 Mio. € exclusive Rückstellungen), eine Schuldenreduzierung von rd. 10 Mio. € von 2015 bis 2019, Erhalt und Stärkung der Infrastruktur und nicht zuletzt sind auch einige Re-Kommunalisierungen seit 2008 gelungen.

Und wir werden auch dieses Mal kein Tafelsilber verkaufen. Im Gegenteil: Wir haben in den letzten Jahren Kanalnetze und Straßenbeleuchtung für rd. 6 Mio. € zurück gekauft. Wir haben die Re-Kommunalisierung der Abfallwirtschaft betrieben. Und wir bewerben uns (als Stadtwerke Halver) auf die Gasnetz-Konzession. Ich habe mir vor Jahren das Ziel gesetzt, aus den Themenfeldern Energie, Wasser, Abwasser rd. 1,0 Mio. € Verbesserungen pro Jahr herauszuholen, ohne dass unsere Bürger negativ betroffen sind. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass dieser letzte Schritt dazu auch noch gelingt.

Dies gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen geschafft zu haben, war eine große Herausforderung, aber auch eine große Freude. Und da ich den Optimismus meiner Mutter geerbt habe, kann ich sagen: Schon heute sehe ich die Zeit in Halver zu 95 % positiv; wenn ich in 5 Jahren zurückblicke, werden es 99 % sein.

Die Arbeit mit vielen tollen Kolleginnen und Kollegen, die spannenden Diskussionen mit Ihnen/mit Euch und daraus resultierend viele kreative Ideen zum Wohle der Stadt, aber auch der direkte Kontakt zu Hunderten von Bürgern: das hat alles sehr viel Spaß gemacht.

Und damit wir die Weichen für die Zukunft richtig stellen, möchte ich gerne gemeinsam mit Ihnen/Euch noch einige Leitplanken einziehen: dies betrifft insbesondere die Weiterentwicklung des Wohngebietes Herksiepe/Schillerstein, einen Einleitungsbeschluss für das Gewerbegebiet Leifersberge im Dezember und die vertraglichen Grundlagen für das erste kommunale Windrad in Halver.

Wir tragen die Verantwortung für alle Bürger, nicht nur für Einzelne oder für Gruppen.

Intergenerative Gerechtigkeit bedeutet auch, dass man den Kindern Vermögen und Handlungsfähigkeit erhält.

In diesem Sinne: Für die kommenden Beratungen zum Haushalt oder zu konkreten Maßnahmen stehe ich Ihnen allen und natürlich auch den Bürgern gerne zur Verfügung.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Markus Tempelmann


Lesen Sie hier die Haushaltsrede von Bürgermeister Michael Brosch.