„Ham & Egg“ im Interview: Kein „Tunten-Ding“

Andreas Schmitz („Egg“) und Jörg Dilthey („Ham“) stellen sich den LokalDirekt-Fragen und geben teils persönliche Einblicke.

Halver. In den quietschbunten Kostümen von „Ham & Egg“ stecken Andreas Schmitz („Egg“) und Jörg Dilthey („Ham“). LokalDirekt-Reporter Markus Klümper traf die beiden Künstler nach ihrem Auftritt im AFG am 13. November zum Interview.

Was ist Eure Zielsetzung bei Euren Bühnenprogrammen?

Wir wollen das Publikum unterhalten, das machen wir mit Hilfe der Travestie. Das ist aber ein breites Genre, außerdem sind Andreas und ich sehr unterschiedliche Typen. Von uns verfolgt jeder eine eigene Linie. Die übliche Revue-Travestie gibt es bei uns aber eher wenig. Wir nehmen uns stattdessen lieber selbst auf die Schippe, das ist für uns das Salz in der Suppe.

Bei Euch gibt es Schlagerparodien, mit denen ihr Hits und Interpreten mal sehr respektvoll behandelt, manchmal aber auch völlig durch den Kakao zieht. Wo zieht Ihr da eine Linie?

Wenn es eine Person schafft, in der Show hochgenommen zu werden, ist das immer eine Würdigung. Eine Parodie ist immer eine Würdigung. Wir würden niemals jemanden parodieren, den wir kacke finden, sondern reiben uns immer an Leuten, zu denen wir künstlerisch aufschauen.

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„Aus Spaß verkleidet“ ist Euer zehntes Bühnenprogramm. Wie entstehen Eure Shows?

Andreas und ich sind ziemlich verschieden. Wir suchen uns beide Figuren heraus, die uns besonders wichtig sind. Einige Figuren entwickeln wir gemeinsam. Wir sammeln Ideen und schauen, was uns gemeinsam überzeugt. Und dann muss unsere Schneiderin die Kostüme natürlich auch so umsetzen können.

Habt Ihr inzwischen Erfahrung, was sich gut realisieren lässt, oder was sich als zu komplex herausstellt?

Inzwischen klappt das sehr gut, wir sammeln ja auch auf der Tour Erfahrung. Im Großen und Ganzen wird das immer so umgesetzt, wie wir uns das wünschen. Es muss aber auch immer tourfähig sein. Die Platte, auf der der Zug um mich herumfährt, habe ich selbst gebaut. Verwirklicht werden die Kostüme dann gemeinsam.

Wieviel Vorbereitungszeit brauchen neue Nummern typischerweise?

Mal geht es schnell, wenn das Thema und der Song da sind. Manchmal wird es auch schwieriger. Ab und zu wird eine Figur auch weiterentwickelt, wenn die am Anfang nicht so gut funktioniert. Den „Roller“ mussten ein paar mal optimieren. Nachdem wir den Song dazu gewechselt haben, lief das Stück. Manchmal braucht die Nummer einen Entwicklungsprozess.

In den Zwischentönen sprecht Ihr das Thema Toleranz und Akzeptanz an, habt diesbezüglich auch nicht immer nur gute Erfahrungen gemacht.

Man stößt immer an Barrieren, an denen die Akzeptanz fehlt. Man wird oft in eine bestimmte Ecke gestellt. Bei uns ist klar, dass wir Kerle sind und Kerle bleiben wollen. Man wird schnell in so ein „Tunten-Ding“ gestellt, in eine Schublade gesteckt. Im Laufe der Geschichte haben wir schon so einige Dinge erlebt, weswegen wir laut sein wollen. Um zu sagen „alles easy, ihr braucht keine Angst vor uns zu haben. Wie beißen nicht, nur auf Wunsch.

Wir haben das Gefühl, dass sich unsere Gesellschaft zurückentwickelt. Jetzt wo es auch im Bundestag rechte Tendenzen gibt. Wir sind beide schwul, Andreas mit Garderobier Ricardo verheiratet. Ich bin mit meinem Marco verheiratet.

Habt Ihr manchmal Mühe, Menschen klarzumachen, dass Ihr keine Transvestiten sind?

Travestie ist für Menschen, die sich im falschen Körper fühlen, der erste Schritt, sich in Frauenkleidern zu bewegen. Sich unter dem Deckmäntelchen der Show ausleben zu können. Das war aber nie unser Ansinnen. Deshalb „outen“ wir uns am Ende als Männer. Wir wollen da gar nicht so ganz arg besprochen werden. Wir manchen eine Unterhaltungsshow mit Hilfe der Travestie, nichts weiter. So wie der Kabarettist den Hocker braucht, auf dem er sitzt, brauchen wir einen Arsch voll Kostüme.

Gibt es Figuren, an die Ihr Euch nicht herantraut?

(lacht) Rein figürlich passt es manchmal nicht so. ich bin persönlich nicht so der Mann, der parodiert. Eher der Andreas, der auch Trude Herr darstellt. Ich nehme lieber aktuelle Themen. Leichte Themen. Die Leute sollen bei uns drei Stunden lang ihren Alltag vergessen. Deshalb haben wir auch Corona nicht so ausführlich behandelt. Die Leute wollen das nicht hören, sondern Spaß haben. Die wollen in eine Welt entführt werden, die wir ihnen bieten können.

Gab es Nummern, die gegenseitig nicht gefielen, aber durchgesetzt wurden?

Die gab es. Sowohl ich musste mich eines Besseren belehren lassen, als auch Andreas. Beide haben wir ein glückliches Händchen bewiesen, obwohl der andere nicht so begeistert war.

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Haben Ham & Egg ein typisches Publikum?

Nein, eigentlich nicht. Nach dem Lockdown hatten wir in allen fünf Shows eine hundertprozentige Impfquote. Das ist mir wichtig und ein Hinweise auf die Gesellschaftsschicht, die zu uns kommt. Das sind keine Impfgegner, keine Menschen mit kruden Theorien.

Welchen Einfluss haben die Shows, die Festanstellungen und das Privatleben aufeinander?

Wir sind beide berufstätig. Das hat eigentlich keinen Einfluss auf unsere Arbeit. Mein Marco ist beruflich sehr eingespannt und daher selten mit am Start. Außerdem finden die Auftritte ja sehr oft am Wochenende statt.

Wie hat sich das Duo Ham & Egg gefunden, was war die Initialzündung?

Das war eigentlich ein Partygag. Ich habe 1995 / 96 in einer Kneipe gearbeitet, einem Irish Pub. Dort gab es eine Bühne, und für eine Silvesterparty wollten Andreas und ich was mit Kostümen machen. Aus Spaß haben wir einen Travestie-Akt gebracht. Andreas hatte bereits eine Figur entwickelt: Inge Amsel, die Katastrophe aller Hausfrauen. Das haben wir als Duo weiter ausgebaut aber nicht zu vergleichen, mit dem was wir heute machen. Die Sache nahm ihren Lauf, wir wurden für den Karneval gebucht, und ein halbes Jahr später auch für Theater.

Du erzählst, dass Andreas und Du auch 16 Jahre lang ein Paar gewesen seid. Wie hat sich die Trennung auf die gemeinsame Arbeit ausgewirkt?

Das gab schon Schwierigkeiten, aber Ham und Egg bleibt unser gemeinsames Baby, und Kinder können auch von getrennt lebenden Eltern großgezogen werden. Dieses Argument hat mich überzeugt, und so arbeiten Andreas und ich bis heute gut zusammen.

Danke für das Gespräch.

Weitere Tourdaten von „Ham & Egg“

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