Neun Monate ist es her, seitdem Zlata Levchuk mit ihrer Mutter, Svetlana Levchuk, aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Schalksmühle geflüchtet ist. An die von Angst geprägten Tage – mitten im Krieg – kann sie sich noch sehr gut erinnern. „Wir saßen die meiste Zeit im Keller ab, bevor wir mit dem Bus nach Deutschland fuhren“, erzählt sie. Ein bestimmtes Ereignis lässt Zlata dabei nicht los: „Etwa 500 Meter vor unserem Haus stürzte ein Flugzeug ab. Ich erinnere mich immer noch an dieses laute Geräusch. Das werde ich nie wieder vergessen.“
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Das Problem mit der Sprache
„Deutsche Sprache, schwere Sprache“, sagt Zlata zu Beginn des Gesprächs schmunzelnd. Mit dem Start des Schulunterrichts im August 2022 in der Primusschule lernte die 16-Jährige Deutsch. Das Sprechen falle ihr leichter als das Lesen und Schreiben. Deshalb beteilige sie sich gerne an Präsentationen (getreu dem Motto „Übung macht den Meister“), vor allem, wenn es um ihr Heimatland gehe. Stolz ist Zlata auf ihr Chemie-Plakat, auf dem sie die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl thematisierte und in ihrer Abschlussklasse vortrug.
Ihr wichtigster Helfer in ihrem mittlerweile strukturierten Alltag ist der Online-Übersetzer. Oft kommt dieser zum Einsatz, wenn es bei der Kommunikation noch hakt. Manchmal richte er aber sogar mehr Verwirrung an – ein Teufelskreis. Zlatas Priorität liege derzeit darauf, sprachlich sicherer zu werden. „Ich arbeite jeden Tag an mir selbst“, sagt die ehrgeizige Schülerin.
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Eine „soziale Barriere“ bildet die Sprache aber laut der Ukrainerin nicht. Freundschaften zu schließen, sei nicht schwierig – es komme ganz allein auf die Zeit und Energie an, die man investiere. Mit ihren ukrainischen Freunden, die noch in Kiew leben, habe sie täglich über Instagram und Telegram Kontakt.
Häkeln statt grübeln: ohne Erfolg
In ihrer Freizeit tobt sich Zlata oftmals kreativ aus. Mit dem Häkeln habe sie eine große Leidenschaft für sich gefunden – am liebsten fertige sie farbenfrohe und warme Mützen an. Zudem stelle sie ihren eigenen Schmuck her. Die Rede ist von bunten Ringen, Armbändern, Ketten und Schlüsselanhängern. Im Gespräch mit LokalDirekt erzählt sie von ihren Plänen, ihre Handarbeiten in näherer Zukunft verkaufen zu wollen. Was Zlata gar nicht leiden kann: faulenzen. Sie liebe Abenteuer und könne deshalb nicht jeden Tag zuhause sitzen. Mindestens eine Stunde spazieren zu gehen oder mit ihrem Busticket die Gemeinde zu verlassen, sei Teil ihrer Routine.
Mit ihrem Hobby beschäftigt sich Zlata die meiste Zeit – eine Art Ablenkung vom Krieg sei es jedoch nicht. „Mein Kopf ist immer bei der Ukraine“, betont sie. Auch an ihren Vater, der noch in Kiew lebe, würde sie tagtäglich denken.
Ein Blick in die Zukunft
Auf die Frage, ob „kostbare Jugendjahre“ wegen des Kriegs verloren gehen würden, antwortet die 16-Jährige mit einem klaren „Nein“. Zlata sagt, sie lebe im Hier und Jetzt. Zudem interessiere sie sich nur wenig für Partys, Alkohol und alles weitere, was ihre Generation noch so beschäftige. Es sei sowieso nicht „ihr Ding“.
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Und wo sieht sich Zlata am Ende des Jahres? Gute Frage – das wisse sie selbst noch nicht genau. Ihren Schulabschluss absolviert sie voraussichtlich im Mai 2023. Ob sie das Schuljahr eventuell wiederholt, stehe jedoch noch zur Diskussion. Sie arbeite mit ihren Lehrern eng zusammen, um ihre zukünftige Schullaufbahn zu besprechen. Wünsche für die Zukunft hat Zlata zahlreiche, aber an einen klammert sie sich am meisten: „Ich sehne mich nach meinem Heimatland. Natürlich fühle ich mich hier wohl und sicher, aber sobald der Krieg vorbei ist, möchte ich wieder zurück in die Ukraine.“
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