Er ist definitiv einer der Menschen 2022 in Nachrodt-Wiblingwerde. Er hat beraten, Entscheidungen getroffen, getröstet, Schäden beseitigt, unzählige Bürokratie-Berge erklommen – und vor allem hat er den Überblick behalten. Er kennt vermutlich jeden Baum. Weiß, wo die Probleme sind und hat den direkten Draht zu den Waldbesitzern. Schäfers Prognose für 2023: „Den Borkenkäfer haben wir im Griff – es gibt ja praktisch keine Fichtenbestände mehr. Aber was jetzt kommt, sind die Buchen.“ Ein Ende der Wald-Katastrophe ist also noch nicht in Sicht. „Was soll ich den Waldbesitzern raten? Aufforstung? Mit was? Ich habe auch keine Glaskugel“, sagt Schäfer.
Die Waldbauern haben viel verloren während der vergangenen drei Jahre. „Erst kam Kyrill, dann der Borkenkäfer. Und es wird noch mehr fallen, da bin ich mir sicher“, erklärt Schäfer. Denn viele Laubbaumbestände ständen jetzt völlig frei. Vorher waren sie von den dichten Fichtenbeständen vor Wind geschützt. „Ich denke, dass die nächsten Stürme einiges zu Fall bringen werden. Es ist schon bitter aktuell“, sagt Schäfer. Er kann verstehen, dass manch ein Waldbesitzer den Mut verliert. Für viele war der Wald die finanzielle Sicherheit fürs Alter – nun steht nichts mehr davon.
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„Wir haben in diesem Jahr 13.000 Festmeter geschlagen, das ist ungefähr der doppelte Jahreseinschlag. Der liegt so bei 6.500 Festmeter. Im vergangenen Jahr waren es sogar 50.000 Festmeter“, berichtet der Förster. Ginge es nach ihm, wäre der Einschlag dieses Jahr auch etwas größer gewesen. Doch das Problem waren fehlende Unternehmen. „Die ganz großen Borkenkäfer-Flächen sind alle weg. Jetzt sind die Unternehmen weiter Richtung Olpe gezogen. Sie ziehen quasi mit dem Borkenkäfer. Für sie sind die kleinen Flächen, die jetzt noch übrig sind, nicht attraktiv“, erklärt Schäfer.
Das Thema Borkenkäfer sei in Nachrodt-Wiblingwerde allerdings auch ziemlich durch. Es gebe nur noch kleine Bestände, die betroffen seien, an die man aber nicht herankomme. So zum Beispiel im Bereich der Brachtenbecke. „Dort gibt es keine Zuwegung. Da haben wir jetzt das Nötigste gemacht, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und der Rest muss leider einfach in sich zusammenfallen“, berichtet Schäfer. Es sei nicht möglich, auch noch den letzten Käferbaum zu fällen. Schäfer geht jedoch davon aus, dass es im Frühjahr nicht erneut zu einer Massenvermehrung der Käfer kommen wird, da ihnen die Grundlage fehle. Sprich, es gebe einfach nicht mehr genug Fichten.
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„Es gibt noch ein paar kleine Bestände mit 50 bis 60 Bäumen. Zum Beispiel am Lohagen. Warum die nicht betroffen sind, kann ich nicht sagen, vielleicht stand der Wind dort günstig und hat die Käfer drumherum getrieben“, sagt Schäfer. Es könne aber auch sein, dass die Fichten dort schon immer einen gewissen Trockenstress gehabt hätten und somit resistenter seien.
Buche ist extrem gefährdet
Wirklich ausruhen kann sich der Förster aber noch lange nicht. Denn das nächste Problem steht schon vor der Tür. Durch die Trockenheit ist die Buche extrem gefährdet. Diese kommt aus einem atlantischen Klima und bevorzugt feuchte Sommer. „Bei der Buche geht der Fall schnell. Die Kronen sterben ab, es kommen Pilze und sie stürzen um. Das ist kein monatelanger Prozess, das sind nur Wochen“, erklärt Schäfer. Derzeit lasse er gerade einen ganzen Bestand an der K24 fällen. „Wir müssten da eigentlich noch weiter machen. Aber uns fehlen auch hier die Leute. Die ausländischen Waldarbeiter reisen über Weihnachten alle nach Hause zu ihren Familien, was ja auch verständlich ist“, erklärt Schäfer.
Ganz gut stehe aktuell die Eiche da. Die sei witterungstechnisch deutlich härter im Nehmen. Und auch die Esche habe sich ein wenig erholt.
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„Denen hat die Trockenheit wirklich gut getan. Sie hatten einen Pilz, der die Nässe gut fand. Durch die Trockenheit sehen die jetzt tatsächlich wieder ein bisschen besser aus“, erklärt Schäfer.
Aufforstung ist die große Herausforderung
Die große Herausforderung für die kommenden Jahre sei die Wiederaufforstung. 400 Hektar stehen aktuell kahl da. Bei einigen beginnen gerade die Neuanpflanzungen. Andere Waldbesitzer setzten derweil lieber auf Naturverjüngung. Sprich sie schauen, was von alleine auf den Flächen wächst. Meist sind es Birken. „Den Superbaum gibt es nicht“, sagt Christof Schäfer. Nach dem Krieg sei es die Fichte gewesen, die sei einfach zu pflanzen, recht robust und vor allem schnell beim Wachsen. Durch den Käfer sei das jedoch keine gute Idee mehr. „Jede Baumart hat ihre Nachteile und Problemchen. Nach Kyrill haben wir viel auf Douglasie gesetzt. Die ist aber tatsächlich auch recht empfindlich bei Insekten“, erklärt der Förster. Er setze daher auf Mischbestände. Wichtig sei natürlich, dass auch weiterhin Nutzbaumarten auf die Fläche gebracht würden. Er probiert derzeit beispielsweise Mischungen mit Esskastanie, Roteiche, Deutschen Eichen, etwas Buche. Bei Flächen, die stark mit Brombeeren bewachsen werden, rät er zu Douglasie und Küstentanne. „Auch ein bisschen Fichte ist natürlich machbar. Aber es sollten schon mindestens vier verschiedene Arten sein, damit wir solche Katastrophen wie mit dem Borkenkäfer nicht noch einmal bekommen“, sagt Schäfer. 70.000 Pflanzen wurden gesetzt bereits gesetzt.
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