Magere zwölf Punkte nach 18 Spielen, in allen statistischen Werten im unteren Tabellendrittel – Spitze (2.) nur bei den Strafminuten (144), Nachverpflichtungen getätigt (Gormley, Shinkaruk, Jentzsch Rückkehr), Headcoach Greg Poss gefeuert, 84 Gegentore kassiert, nur 38 Treffer erzielt, drei Siege und 15 Niederlagen – macht summa sumarum: Schlusslicht in der PENNY DEL, die Rote Laterne leuchtet am Seilersee.
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Die Deutschland Cup-Pause bis zum nächsten Spiel am 17. November gibt erst einmal Zeit zum Durchschnaufen. Die Saison ist noch lang, noch ist nichts passiert, was sportlich nicht zu korrigieren wäre. Aber die letzten Auftritte der Mannschaft geben wenig Grund zur Hoffnung. Zwei bärenstarke Kepper reichen eben nicht, um den Titel „Schießbude der Liga“ loszuwerden. Es ist zu befürchten, dass sich die beiden besten Roosters längst nach anderen konkurrenzfähigen Teams umsehen. Der Re-Start nach der Länderspielpause findet ausgerechnet beim Tabellennachbarn Düsseldorfer EG statt. Wehe, wenn das Spiel auch noch verloren wird.
Was die Situation weiter dramatisiert, ist die Tatsache, dass Mannschaft und Führung zunehmend die Unterstützung der Fans verlieren. Vorläufiger Höhepunkt nach zahlreichen Plakataktionen ist das Flugblatt der Ultras, das sie vor dem Heimspiel der Roosters in der Balver Zinn Arena verteilt haben. Die Hardcore-Fans sahen sich dazu veranlasst, nachdem Roosters-Geschäftsführer Wolfgang Brück sich im Podcast „Kühe, Schweine, Iserlohn! Der Eishockeypodcast“ zu den Protesten geäußert hatte und aus ihrer Sicht unpassende Vergleiche gezogen hatte. Das war völlig unnötig.
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Die Ultras wörtlich in ihrem Flugblatt: „Bei aller Liebe zum Verein, bei jedem Tropfen Schweiß und Herzblut, bei jeder Frustration, bei jeder noch so beschissenen Saison da zu sein und alles zu geben. Einfach alles. Denn das tun diese Menschen auf der Tribüne, sie geben alles. Sie geben ihren letzten Cent, den letzten Tropfen Sprit, sie nutzen jede freie Sekunde nur für den IEC. Wir kämpfen für das, was wir lieben. In jeder Sekunde unseres Lebens. Jeder einzelne in unserer wunderbaren Eissporthalle am Seilersee darf sich von den Aussagen von Wolfgang Brück angesprochen und angegriffen fühlen!“
Das Fazit der Ultras:
„Viele Menschen hier haben sprichwörtlich keinen Bock mehr.
Keinen Bock mehr auf die Verlierermentalität!
Keinen Bock mehr auf Vetternwirtschaft!
Keinen Bock mehr auf die immer gleichen Ausreden!
Keinen Bock mehr für Herrn Brück den Sündenbock zu spielen!
Keinen Bock mehr auf einen Teilzeit-Geschäftsführer!
Keinen Bock mehr auf einen Hobby-Manager!
„Mit der Forderung nach einem Neuanfang sind wir sicher nicht alleine! Der Verein braucht es, um den Standort langfristig (hoffentlich weiterhin in der DEL) zu sichern!“
Brück raus! Hommel raus! Neuanfang!“
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KOMMENTAR
Von Hendrik Klein
Wohin steuert das Eishockey im Sauerland?
Nächstes Jahr sind es genau 40 Jahre. Seit 1984 gehe ich regelmäßig in die Eissporthalle am Seilersee – als Vater eines damals sechsjährigen Anfängers, als Journalist, als jahrelanges Vorstandsmitglied und Mannschaftsbetreuer im Nachwuchs. ECD Iserlohn, ECD Sauerland, Iserlohner EC, Iserlohn Roosters – der Name wechselte, der Sport blieb. Was habe ich in dieser Zeit – auch beruflich – nicht alles mitgemacht: Pleiten, Pfändungen bei Spielern, Morddrohungen gegen Finanzbeamte, die Ghadaffi-Affäre um das Grüne Buch, staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren, der angebliche Kegelklub am Timmendorfer Strand, um dem Finanzamt gegenüber einen Gemischtverein vorzugaukeln wegen der Gemeinnützigkeit, Gerichtsverhandlungen, Verurteilung und Inhaftierung des Vorsitzenden – die Liste ließe sich fortsetzen.
Am Seilersee spielen Firmen gegeneinander
Aber noch nie war die Sorge um den Fortbestand des Eishockeys im Sauerland so groß wie zurzeit. Ich kann das nicht erklären, es ist ein Bauchgefühl. Was mich aber wirklich auf die Palme bringt, sind die massiven Angriffe einiger Roosters-Fans auf die Verantwortlichen in Geschäftsführung und sportlicher Leitung.
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Wenn da von „unserem Verein“ die Rede ist, sei ein für allemal klargestellt: In der DEL spielen Firmen gegeneinander! Unter anderem die Iserlohn Roosters GmbH & Co. KG Iserlohn. Wie es um diese Firma bestellt ist, kann jedermann im Bundesanzeiger nachlesen – denn dort müssen die Bilanzen veröffentlicht werden.
Brück ist kein Angestellter
Wolfgang Brück ist geschäftsführender Gesellschafter bei den Roosters – also kein Angestellter. Er hat weiß Gott nicht alles richtig gemacht. Wer ihn loswerden möchte, kann das nur, indem er dessen Gesellschaftsanteile übernimmt. Falls Brück die überhaupt abgeben möchte. Da geht es um richtig Geld. Nicht umsonst werden jedes Jahr neue Gesellschafter vorgestellt, die ihre Einlagen in die GmbH stecken. Es sei auch nur mal kurz daran erinnert: Ohne Wolfgang Brück, Jochen Vieler und Thomas Aumer, die seinerzeit die Lizenz der Starbulls Rosenheim für 1,4 Millionen Euro übernommen haben, gäbe es längst kein Spitzen-Eishockey am Seilersee mehr.
Kein Umfeld für einen neuen Eishockey-Tempel
Kommen wir zur gescholtenen Politik und die alljährlich gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung nach einer neuen, natürlich größeren Halle. Hier wird allerdings auch Wolfgang Brück nicht müde, manchmal auch ohne Rückendeckung aus Rat und Verwaltung, ohne Not vorzupreschen. Die Chancen für einen neuen Eishockey-Tempel waren in der Vergangenheit doch da – es sei nur an die Initiative der Städte Iserlohn, Hemer und Balve erinnert, gemeinsam für eine neue Halle zu sorgen. Und woran ist das damals gescheitert? Am Anspruch Iserlohns, die Halle müsse aber auf Iserlohner Boden stehen – dabei gab es an der Edelburg oder in Deilinghofen Platz genug. Selbst Schuld also. Der Zug ist spätestens mit dem Bau des Grohe-Forums im Sauerlandpark – zumindest was die Möglichkeit einer Veranstaltungshalle angeht – Geschichte.
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Und in Zeiten, in denen die Kommunen von Flüchtlingsströmen überschwemmt, leeren Kassen gequält, zerbröselnder Infrastruktur gebeutelt, ausufernden Sozialausgaben belastet und einbrechenden Gewerbesteuer-Einnahmen geplagt sind, kann doch nicht ernsthaft jemand eine mehrere Millionen Euro teure neue Eissporthalle fordern. Macht die bestehende, so historisch sie auch sein mag, erst einmal immer voll. Ja, dafür wären gute Spiele und Siege der Roosters hilfreich.
Gute Cracks kommen nur für gutes Geld
Vielleicht muss man wirklich mal aufräumen damit, dass die Cracks für die gute Stimmung am Seilersee oder die gute Luft im Sauerland nach Iserlohn kommen – sie kommen wegen der Kohle! Und davon gibt es in Köln, Berlin, Mannheim und München nun einmal deutlich mehr als in der Waldstadt. Warum soll es eigentlich so schlimm sein, eine Liga tiefer zu spielen. Ja, das wird Folgen für die Einnahmen haben – Fernsehgelder weg, Sponsoren orientieren sich um, weniger Zuschauer.
Die Zukunft ist doch schon da – der Nachwuchs
Aber schauen wir doch mal auf den zurzeit so gut aufgestellten eigenen Eishockey-Nachwuchs. Da könnten einige Spieler den Sprung in den Seniorenbereich eher schaffen. Wann hat eigentlich zuletzt mal ein Kufenflitzer aus dem eigenen Nachwuchs die Chance in der DEL-Mannschaft bekommen? Man erinnere sich: Carsten Mende, Andreas Pokorny, Sebastian Johns, Marc Seliger die drei Feser-Brüder, Peter Hellmann, Collin Danielsmeier und, und, und.
Es kommen spannende Zeiten für die Iserlohn Roosters. Vielleicht schaffen es die Verantwortlichen auf dem Eis, die zu aller erst, hinter der Bande und in der Geschäftsstelle doch noch, den Bock umzustoßen. Zeit dafür ist genug.
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