CVJM-Bläser feiern großes Jubiläum

Ein emotionaler Gottesdienst voller Musik und ein launiger Empfang: So feierten die Mitglieder des CVJM Posaunenchores aus Wiblingwerde am Sonntag das 100-jährige Bestehen ihrer Gruppe. Und wie es sich für eine richtige Geburtstagsparty gehört, waren viele Gäste gekommen. Die Kirche war voll.

Unter den Gästen befand sich auch ein besonderer Ehrengast: Hermann Hülle. Der 90-Jährige ist mit dem Chor verbunden wie kein anderer. 70 der insgesamt 100 Chor-Jahre war er selbst Mitglied und leitete den Posaunenchor von 1956 bis 1996, aktiv gespielt hat er von 1945 bis 2019. „Hermann, nach dem Krieg hast du die ersten Anleitungen zum Blasen von meinem Opa bekommen, später durfte ich dann bei dir das Blasen lernen“, erzählte Dietmar Nowak, der im Namen des Posaunenchores die Gäste begrüßte. Hermann Hülle habe als Leiter den Posaunenchor auf ein neues Niveau gehoben.

[[ad-placeholder]]

„Ich glaube, wir können hier alle sagen: Wenn es dich nicht gegeben hätte, gäbe es diesen Chor nicht mehr“, dankte Dietmar Nowak. Der 90-Jährige habe sich allerdings nicht nur um den Chor in Wiblingwerde gekümmert, sondern sich auch weit über die Grenzen von Wiblingwerde hinaus für die Bläserarbeit stark gemacht – unter anderem als Kreisposaunenwart. Hermann Hülle habe den Dienst für die Posaunenarbeit stets als Auftrag Gottes verstanden. „Gott scheinen die Posaunen besonders gefallen zu haben. Es sind machtvolle Instrumente. In der Bibel nutzt Gott sie, um seine Werke sichtbar zu machen und wir nutzen sie heute, um Gott zu loben“, erklärt Dietmar Nowak. Er sei davon überzeugt, dass Gott seine schützende Hand über die Posaunenarbeit halte.

Davon ist auch Pfarrerin Mara Schwäbe überzeugt: „100 Jahre, das ist eine Zeit voller Leben. Wirtschaftskrise, Krieg, geteiltes Deutschland: Da geht es nicht ohne Engagement, Leidenschaft und den Glauben, der auf unterschiedlichste Weise verbindet.“ Musik ermögliche den Menschen, Dinge in einem neuen Licht zu sehen und eröffne neue Welten. Schwäbe: „In der Bibel wird oft die Kraft der Posaunen beschrieben, die Mauern zum einfallen bringt. Und auch Gottes Stimme wird mit dem Ton einer Posaune beschrieben.“

Die Kirche war voll. Ein gelunender Rahmen für einen solchen Festgottesdienst. – Foto: Machelett

Seine beste Zeit habe der Chor Ende der 60er-Jahre gehabt, erinnert sich Hermann Hülle: „Mehr als 30 Bläser hatten wir da. Das war eine tolle Zeit.“ Daran kann sich auch der jetzige Chorleiter Rainer Nowak erinnern. „Das war vorne in der Kirche dann richtig eng. Und beim Osterblasen in den Dörfern war es oft auch fast zu eng.“ Heute sind es noch neun aktive Bläser in Wiblingwerde. „Zum Festgottesdienst haben wir all die eingeladen, die in Wiblingwerde das Spielen gelernt haben und noch heute in einem Chor aktiv sind“, erzählt Rainer Nowak. Außerdem wurden die Wiblingwerder von Bläsern befreundeter Chöre aus Dahle, Oestrich und Deilinghofen unterstützt. So entstand annähernd ein Bild und ein Klang wie in den späten 60ern.

[[ad-placeholder]]

Viele Chormitglieder sind seit Jahren dabei. Beispielsweise Christian Hülle. „Also gefragt worden bin ich damals nicht. Ich wurde als Kind halt dorthin geschickt. Das machte man so“, erinnert sich Hülle. So sei es bei vielen gewesen, weiß Rainer Nowak. Viele, die damals gedrängt worden seien, würden allerdings heute noch mit Leidenschaft und Freude spielen. „Das ist so, wenn du das einmal gespielt hast, spieltst du nichts anderes mehr“, sagt Dietmar Nowak.

In 100 Jahren waren es unzählige Gottesdienste, Konzerte und Veranstaltungen, die vom Posaunenchor mitgestaltet wurden. Entsprechend abwechslungsreich sei auch das Liedgut. „Wir haben hier eine tolle Mischung aus Tradition und modernen Stücken. Ich wäre auch nicht dabei, wenn wir nur Choräle spielen. Ich kann mich beispielsweise erinnern, dass wir mal ,One Moment in Time‘ gespielt haben“, berichtet Uli Bormann. Rainer Nowak gelinge als Chorleiter ein gutes Spagat zwischen Tradition und Moderne. „Ich selbst kann mich noch gut an Highland Cathedral erinnern. Das war auch toll“, sagt Rainer Nowak. Grundsätzlich hätten Gottesdienste, die vom Posaunenchor gestaltet würden, immer einen besonderen Touch. Nowak: „Die Musik hat etwas Erhabenes und je nach dem, was man spielt, fliegt da die Decke weg.“

[[ad-placeholder]]

Dass der Chor so geschrumpft sei, habe viele Gründe. Natürlich spiele auch Corona eine Rolle. Danach seien einige nicht mehr wieder gekommen. Daher soll in diesem Jahr auch wieder mit der Jungbläserausbildung gestartet werden. Jungbläser müssen übrigens nicht unbedingt jung sein. „Ich war Mitte 40 als ich angefangen habe. Und heute ist es mein schönstes Hobby“, berichtet Chormitglied Dorothee Siebecke. Wann genau der Kurs startet und ob die Wiblingwerder das alleine machen oder in Kooperation mit anderen Chören, sei noch völlig unklar. „Fest steht allerdings, dass jeder mitmachen kann, der möchte. Wichtig ist, dass die zweiten Zähne schon voll da sind und die dritten fest im Mund sitzen“, berichtet Nowak lachend. Die Altersspanne für potenzielle Neueinsteiger ist also groß. Ein eigenes Instrument braucht zunächst ebenfalls niemand. Es gibt Leihinstrumente.

Fotogalerie:

Im Lauf der Zeit haben die Bläser viele gemeinsame Erfahrungen gesammelt, die sie verbinden. „Ich kann mich noch an die riesigen Bläsertage in der Westfalenhalle erinnern. 5000 Bläser und 12.000 Menschen im Publikum. Das war Wahnsinn“, erinnert sich beispielsweise Chormitglied Gerwin Hülle. Rainer Nowak erinnert sich noch gut ans Osterblasen in den Ortschaften mit anschließendem Frühstück.

[[ad-placeholder]]

In den Gottesdiensten sei der Chor unterschiedlich präsent gewesen. „Das steht und fällt natürlich auch immer mit dem Pfarrer. Da gibt es die, die voll dahinter stehen und es wunderbar läuft. Aber es gab auch immer mal Pfarrer, die uns im Regen stehengelassen haben. Aktuell haben wir aber ein tolles Team“, berichtet Rainer Nowak.

Beim anschließenden Empfang im Gemeindehaus trafen sich Bläser, ehemalige Chormitglieder, Freunde und Gemeinde. Schnell entstand eine ausgelassene, fröhliche Stimmung. Gemeinsam wurde in Erinnerungen geschwelgt.

[[ad-placeholder]]