Brandrede des Bürgermeisters zur Krisensituation

Bei der gestrigen, 7. Februar, Sitzung des Rates der Stadt Lüdenscheid fielen etliche wichtige Entscheidungen und Bürgermeister Sebastian Wagemeyer überraschte mit einer etwa halbstündigen Brandrede, die sich vor allem auf die durch die Sperrung der A45 bedingte Krisensituation von Stadt und Kreis bezog.

Lüdenscheid. Pünktlich um 17 Uhr begann im Kulturhaus die angesetzte Ratssitzung, bei der zunächst Bürgermeister Sebastian Wagemeyer das Wort ergriff, um „kurz, aber möglichst umfassend über den aktuellen Sachstand rund um die Sperrung der Rahmedetalbrücke auf der A45 zu unterrichten.“

Er berichtete vom zweiten Spitzengespräch, das am Montag, 31. Januar, stattfand. Wagemeyer bezeichnete das Gespräch „als eher ernüchternd“. „Ich bin durchaus mit der Erwartungshaltung in das Gespräch gegangen, dass wir nähere Informationen über den weiteren Zeitplan, zumindest aber über die Frage, ob eine Sprengung durchgeführt werden kann oder nicht, erhalten. Beide Erwartungen wurden leider nicht erfüllt“, so der Bürgermeister.

[[ad-placeholder]]

Dies erläuterte Wagemeyer genauer. Sei man zu Beginn von Seiten der Autobahn GmbH ausführlich über Planungsschritte und Maßnahmen informiert worden, wurde man etwa durch die Darstellung von Frau Landesministerin Brandes zur Ertüchtigung der B54 zu einer weiteren Hauptumleitungsstrecke überrascht worden – zumal kein Betroffener dazu befragt worden sei.

Wagemeyer weiter: „Sowohl im Spitzengespräch, als auch im darauffolgenden Pressegespräch habe ich mit Nachdruck die Positionen der Stadt Lüdenscheid insbesondere im Hinblick auf Maßnahmen zur weiteren deutlichen Verringerung des LKW-Verkehrs sowie die Forderung nach finanziellen Mitteln für Kompensation, Entschädigung und Investitionen eingebracht. In der Pressekonferenz war – für mich überraschend – Minister Pinkwart zugeschaltet, der beim Spitzengespräch selbst nicht anwesend war. Herr Pinkwart hat über mögliche Wirtschaftshilfen gesprochen, machte entgegen der dann zu lesenden Meldungen der dpa dahingehend aber keine Zusagen.“

[[ad-placeholder]]

Diese Position, so der Bürgermeister, sei nicht akzeptabel. „Ich habe nach dem Spitzengespräch deutlich gemacht, dass es hier auch nicht mehr um die Frage von Monaten oder gar Jahren geht. Es geht für einige Menschen um Tage, denn sie stehen vor den Scherben ihrer Existenz.“

Im weiteren Verlauf seiner Rede ging der Bürgermeister auf die seitens der Stadt unternommenen Verkehrsanpassungen zwecks Optimierung des Verkehrsflusses (etwa die Ampelanlage Kreuzung Altenaer Straße/Im Grund) ein. So sei auch „die Anordnung und verstärkte Kontrolle von LKW-Verboten zum Schutz der Wohngebiete in vollem Gange.“

[[ad-placeholder]]

Außerdem würden Maßnahmen zur weiteren Reduzierung des LKW-Verkehrs in Lüdenscheid ergriffen. „Ich habe an verschiedenen Stellen deutlich gemacht, dass wir uns als Stadt Lüdenscheid in diesem Punkt vom Land alleine gelassen fühlen, und ich kann diesen Eindruck nach dem Spitzengespräch am letzten Montag leider nicht entkräften … Noch einmal deutlich: Dass hier Sattelzüge kreuz und quer durch die Stadt fahren, die Lüdenscheiderinnen und Lüdenscheider, unsere Kinder gefährden, Zäune und Vorgärten platt walzen und dann Fahrerflucht begehen, ist für uns nicht hinnehmbar. Und wir werden es weder tolerieren noch akzeptieren, dass wir mit diesem Problem alleingelassen werden,“ beklagte Wagemeyer.

So könne etwa auch ein neues LKW-Erfassungssystem – entwickelt von der RWTH Aachen -, dass im Anschluss vom Fachdienstleiter Herr Hayer vorgestellt wurde, vielleicht innerstädtische Entlastung bringen.

[[ad-placeholder]]

Auch mangele es „an konkreten Zusagen im Bereich der Hilfen. Ich habe die Dringlichkeit nicht nur am Montag betont, sondern diesen Aspekt auch in allen Interviews zum Thema immer und immer wieder untermauert. Die mediale Aufmerksamkeit reißt nicht ab, und das ist gut so. Ich werde nicht müde werden, an jeder Stelle, die sich mir bietet, gebetsmühlenartig auf die wesentlichen Punkte aufmerksam zu machen … Die Menschen leben am Limit. Und das nicht nach fünf Jahren, sondern nach gerade einmal 8 Wochen der Sperrung.“

„Darüber hinaus haben sehr viele bilaterale Gespräche stattgefunden, zum Beispiel mit der SIHK, dem Arbeitgeberverband, Vertreterinnen und Vertretern des Lüdenscheider Einzelhandels, Abgeordneten und Spitzenpolitikern aus Land und Bund nahezu aller Parteien sowie gerade gestern ein intensives einstündiges Gespräch mit Oliver Luksic, dem parlamentarischen Staatssekretär aus dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Herr Luksic war gestern zu Gast bei uns im Rathaus und wird unsere Erwartungen, Schilderungen und Forderungen nun direkt an den Bundesminister Herrn Dr. Wissing herantragen,“ so der Bürgermeister.

[[ad-placeholder]]

Durch die Corona-Pandemie seit dem Frühjahr 2020, die Starkregen – und Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 und nun die Vollsperrung der A45 befinde sich Lüdenscheid in einer „Dauerkrisensituation nahezu nie gekannten Ausmaßes“, erklärte Wagemeyer. Zudem beschere die Rahmedebrücke „von jetzt auf gleich bundesweite Aufmerksamkeit. Eine Aufmerksamkeit, auf die wir gern verzichtet hätten, denn sie dreht sich um die dramatische Verschlechterung der Lebens- , Arbeits- , Wohn- und Freizeitqualität in unserem Zuhause.“

Dann appellierte der Bürgermeister, den Blick in eine positive Zukunft zu richten: „Wir dürfen uns nicht einer Negativspirale oder dem Selbstmitleid ergeben … Aristoteles hat einmal gesagt: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Und genau darum geht es. Wir müssen alle gemeinsam nun die Segel neu setzen. Die Koordinaten neu justieren. Wir werden uns noch Jahre mit der derzeitigen Situation zurechtfinden müssen … Konzentrieren wir unsere Kraft doch auf die Dinge, die wir bestimmen und gestalten können. Dazu gehören Mut und die Bereitschaft zum Risiko. Dazu gehören Kreativität und Überzeugung . Dazu gehören Hoffnung und Vertrauen, dass unser bestes Zuhause nicht irgendwo in der Vergangenheit zu finden ist, sondern noch vor uns liegt, wenn wir hart genug dafür arbeiten und daran glauben.“

[[ad-placeholder]]

Im Anschluss listete der Bürgermeister etliche Bereiche auf, in denen die Gelegenheit genutzt werden könne, um Positives für die Stadt zu schaffen und das vor allem Bildung der Schlüssel für die zukunftsfähige Entwicklung Lüdenscheids sein werde. Auch sei es wichtig, einen Neustart der Kultur zu forcieren. „In den Kultureinrichtungen passiert trotz der Corona-Pandemie eine Menge. Der Kulturbeirat wird noch in dieser Woche diesen Neustart wagen. Die Waldbühne werden wir in einem ersten Schritt so ertüchtigen, dass sie uns in diesem Jahr bereits wieder zur Verfügung steht . Im Bereich der „Wunderkammer“ erwarten uns weitere spannende Dinge , und auch die sich bereits in den Planungen befindliche Nacht der Kultur werden dazu einen guten Beitrag leisten. Zugleich ist dieses Projekt ein Wink in die Richtung, wie wir zukünftig Synergien und die Vernetzung zwischen unseren tollen Einrichtungen untereinander stärker nutzen wollen“, sagte Wagemeyer, der mit einem Zitat von Thomas von Aquin seine flammende Rede hoffnungsvoll beendetet: „„Für Wunder muss man beten, für Veränderungen aber arbeiten.“ Wunder dürfen wir nicht erwarten, aber für Veränderung arbeiten, das können wir.“

[[ad-placeholder]]