Halver. Es war die vorletzte Ratssitzung von Markus Tempelmann in Halver – zumindest in seiner Funktion als Kämmerer und Beigeordneter. Zum neuen Jahr wird der 52-Jährige – wie berichtet – Kämmerer der Stadt Paderborn. Zeit, sich mit der Nachfolge Tempelmanns zu befassen. Das dies keine einfache Aufgabe wird, ist spätestens seit der Ratssitzung am Montag, 20. September, sicher.
Noch bevor es überhaupt zu einer Ausschreibung, geschweige denn zu einer Bewerberauswahl kommen kann, muss der Inhalt der ausgeschriebenen Stelle formuliert werden. Keine einfache Aufgabe, das wurde am Montagabend deutlich. Denn schon die Formulierung einer Stellenstruktur entzweite die Ratsmitglieder. Bei der Frage, ob die Stelle des Kämmerers in Form eines Beigeordneten oder doch als Laufbahnbeamter ausgeschrieben werden soll, entbrannte eine Diskussion zwischen SPD und den Ratsmitgliedern von CDU, UWG, Grünen sowie FDP.
„Markus Tempelmann zu klonen, wird uns nicht gelingen“
Ausgangspunkt war die Beschlussvorlage der Verwaltung, die nach zwei kurzfristig anberaumten interfraktionellen Sitzungen – nach Bekanntwerden des Wechsels von Markus Tempelmann Anfang September – gefasst worden war. Diese sieht vor, die freiwerdende Beigeordnetenstelle wieder mit einem Wahlbeamten zu besetzen. Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Martin Kastner eine Formulierung, über die sich seine Fraktion „viele Gedanken gemacht habe“. Die Stadt Halver brauche einen Finanzfachmann, jedoch keinen zweiten Bürgermeister, machte er seine Position deutlich. Er setze sich dafür ein, das Amt des Kämmerers in der Struktur eines Laufbahnbeamten auszuschreiben und die Bauleitplanung, die bisher in den Händen des Kämmerers lag, zurück ans Bauamt zu geben. Die Umstände, 2019 die Stelle auf die Anforderungen Markus Tempelmanns auszulegen, seien mit denen heute nicht vergleichbar, so Kastner. „So, wie es war, wird es nicht mehr werden.“ Die Frage müsse sein, was die Stadt heute brauche. Das Amt des Kämmerers, war sich Kastner sicher, sei auch ohne Beigeordnetenstruktur und ohne die Bauleitplanung attraktiv. „Markus Tempelmann zu klonen, wird uns nicht gelingen“, kritisierte er das „unbedingte Festhalten“ seiner Ratskollegen am Beigeordnetenamt. Er könne daher, ebenso wie die gesamte SPD-Fraktion, dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen.
Verwaltungsstrukturen überdenken
Während Grünen-Fraktionsvorsitzender Matthias Clever darauf hinwies, dass der Beschlussvorschlag inhaltlich von der Verwaltung und nicht von der Politik gefasst worden war, machte Werner Lemmert (UWG) deutlich, dass man den Beigeordneten brauche „um Handlungsfähig zu sein – Stichwort Bürgermeister-Vertretung.“
Lemmert sei „erstaunt“ über die Ausführungen Martin Kastners, habe man doch im interfraktionellen Arbeitskreis „ausführlich“ getagt. Er bekräftigte die Aussage Clevers, der Vorschlag komme aus der Verwaltung, sogar von der Personalchefin Katrin Serke. Die Bauleitplanung, so Lemmert, sei ohnehin nicht fest an die Stelle gebunden. Es käme in erster Linie darauf an, einen Kämmerer mit hinreichenden Qualifikationen zu finden. Die Verwaltungszuständigkeit könne dem Bewerber angepasst werden. Die Bedenken der SPD könne man aber zum Anlass nehmen, die Verwaltungsstrukturen generell mal zu überdenken.
Sascha Gerhardt (FDP) begrüßte den Ausschreibungstext ebenfalls, halte dieser doch „Flexibilität bei der Struktur“ vor. „So legen wir uns keine Fesseln an und behalten uns eine hohe Anzahl an Bewerbern vor.“ Man wolle eine Bestenliste, was diese Art der Ausschreibung am ehesten zulasse.
Unterstützung bekam Martin Kastner indes von seinem Fraktionskollegen Jürgen Wichert, der die Ausschreibung als Beigeordneter ebenfalls ablehnte. Wichert: „Ich denke, es ist nicht nur eine Entscheidung der Verwaltung, sondern des Arbeitskreises gewesen.“ Kastner fügte hinzu, dass es kein Konsens sei, wenn man sich einer Mehrheit beuge.
Und so stimmte die SPD-Fraktion einheitlich gegen den Beschlussvorschlag, der jedoch mit den Stimmen der anderen Ratsmitglieder mehrheitlich abgesegnet werden konnte. Auf Nachfrage von Martina Hesse (CDU) bestätigte auch Bürgermeister Michael Brosch, gegen den Beschlussvorschlag gestimmt zu haben. „Ich halte die Ausschreibung als Beigeordneter für falsch“, bestätigte er seine Entscheidung. Es war das erste Mal, dass der Bürgermeister gegen den Beschlussvorschlag seiner Verwaltung stimmte.
Hintergrundinfo: Beigeordneter
Die Beigeordneten vertreten den Bürgermeister in ihrem Arbeitsgebiet (§ 68 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen -GO NRW-). Mit Arbeitsgebiet ist der Geschäftskreis / das Aufgabengebiet der Beigeordneten gemeint. Insoweit sind die Beigeordneten ständige Vertreter des Bürgermeisters in ihrem Aufgabengebiet, auch bei dessen Anwesenheit. In diesem Aufgabengebiet verfügen die Beigeordneten über eigene materielle Verwaltungszuständigkeiten, die nur einer eingeschränkten Einflussnahme durch den Bürgermeister unterliegen. Die Stellenausschreibung erfolgt nach dem derzeit festgelegten Geschäftskreis des Beigeordneten. Eine Anpassung aufgrund der fachlichen Ausrichtung des künftigen Stelleninhabers durch den Rat bleibt vorbehalten.