Lüdenscheid. Der Drillbohrer, ein spiralförmiger Stab, an dem man einen Holzring bewegte, um den Bohrer in Drehung zu versetzen, steht in Kombination mit anderen Bohrern von mechanisch bis Akku-Gerät auch für die Entwicklung des Heimwerkens. Ältere werden sich erinnern: den Bohrer gab es mit Laubsäge und kleiner Feile auf einem Stück Pappkarton als erste Werkzeugausstattung für kleine Jungs. Gebastelt und gebohrt wurde mit Sperrholzstücken aus der Abfallkiste des örtlichen Schreiners oder Holzteilen der Zigarrenkiste, wenn Opa den letzten Stumpen in Qualm verwandelt hatte. – In einer Vitrine wird so Geschichte sichtbar von Tätigkeiten, die aus der Not geboren wurden, bis zur Do-it-yourself-Bewegung, bei der es um Freizeitbeschäftigung oder Vertrauen in Qualität geht. Recycling oder Upcycling sind die Stichworte für neue Trends.
„Früher gab es oft keine andere Option, als Dinge selbst zu machen“, heißt es im Flyer zur Ausstellung. Dann wurden Produkte durch industrielle Herstellung oft billiger als selbst erzeugte. Inzwischen ist Selbermachen für einige zur Möglichkeit geworden, sich selbst zu verwirklichen, neues auszuprobieren, Gemeinschaft zu erleben. In Repair-Cafés kann man auf Werkzeug zurück greifen, das man selbst nicht hat oder sich Tipps geben lassen. Wieder selbst gärtnern ist Ausdruck nachhaltiger Lebensweise.
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Und seit Corona immer wieder für Beschränkungen sorgt, haben viele die neue Lust am Kochen entdeckt. „Selbstgemacht“ ist zum neuen Qualitätsmerkmal geworden, ist als Versorgungsstrategie reaktiviert worden, wie es im Katalog zur Ausstellung heißt. Beispiele in der Ausstellung sind ein selbstgebauter Rasenmäher aus der Ex-DDR auf einem Kinderwagengestell mit Nähmaschinenmotor oder ein Zusatztank, wie ihn Flugzeuge im 2. Weltkrieg hatten, aus dem Kinder Boote gebaut haben. Selbstgemacht, Handmade, ist Ausdruck von Liebe zum Detail, bedeutet Wertschätzung, schonender Umgang mit Ressourcen, Nachhaltigkeit.
„Do it yourself“ oder „Heimwerken“ kam in den 1950-er Jahren auf, als es mit steigenden Wohlstand auch darum ging, die eigenen vier Wände wohnlicher zu gestalten. Der Trend führte ein Jahrzehnt später zum Wachstum der Baumärkte. Später wurden Regale aus Obstkisten, erst Ausdruck der alternativen Lebensform der 68-er Protestgeneration, zu stylischen Accessoires oder Grundlage für kleine Unternehmen. Mit „Manufakturen“, die es auch im heimischen Raum gibt, wurden selbstgemachte Produkte zum Wirtschaftsgut.
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Übersichtlich, eingängig, Erinnerungen weckend, interessant zeichnet die Wanderausstellung des Landschaftsverbandes Westfalen (LWL) die Entwicklung des Selbermachens nach. Für trübe Herbst- und Wintertage eine gute Gelegenheit, eigene Erfahrungen zu reflektieren, aber auch ein Stück in die Zukunft zu blicken. Denn: die scheint Heimwerken zu haben. Statt im Keller oder Repair-Café arbeitet man in FabLabs zusammen, tauscht sich aus und kann sich dabei der 3D-Drucker oder CNC-Fräsen bedienen. Eine andere Form des Co-Workings, das in Halver schon getestet wird.
INFO
Öffnungszeiten Museen der Stadt Lüdenscheid: Täglich außer montags 11 bis 18 Uhr
Links:
- www.luedenscheid.de/aktuelles/presse/2021/117120100000084204.php
- www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=52685
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